Mai 1993

Rio konkret - eine Germanwatch-Initiative

Wir sind eine Menschheit und werden nur gemeinsam überleben

Wer erinnert sich noch an die gigantische Konferenz zu Umwelt und Entwicklung Mitte 1992 in Rio de Janeiro? Was wurde damals eigentlich beschlossen uns was ist bisher in die Tat umgesetzt worden? Regierungsvertreter, Wissenschaftler, Bürgerrechtler und Journalisten waren sich einig über den dramatischen Einfluß der Umweltveränderungen auf unser Leben und über die negativen Folgen unseres Wohlstandes auf unsere Umwelt, auf die Länder des Südens und auf zukünftige Generationen. Man kam überein, daß jede weitere Entwicklung nicht mehr auf der maximalen Ausbeutung unserer Umwelt basieren kann. Bevor wir dies jedoch von anderen - womöglich ärmeren Ländern - verlangen, müssen wir zeigen, daß ein ökologischer Umbau unserer Gesellschaft möglich ist. Wer den Regenwald rodet, um seine Familie zu ernähren, hat existentiellere Sorgen, als derjenige, der mit Tropenholz seine Jacht möbliert. Unter Bush sah das noch so aus. Wälder in der "3.Welt" sollten geschützt werden, damit die Industrieländer ihren FCKW-Ausstoß nicht reduzieren müssen.

Die Nord-Süd-politische Initiative "Germanwatch" hat sich zum Ziel gesetzt, die Bundesregierung in die Verantwortung zu nehmen. Drei Forderungen stehen dabei in Mittelpunkt:

1.) Reduzierung des C02 Ausstoß

2.) Erhöhung des Nord-Süd-Transfers von derzeit 0,35% auf 0,7% des Bruttosozialproduktes

3.) Schulden für den Süden erlassen

(:) Germanwatch hat nun eine "Verpflichtung zum Handeln" erstellt, in der Bundestags- und Landtagsabgeordnete uns Mandatsträgerinnen aus den Kommunen darstellen sollen, wie sie die Forderungen der Rio-Konferenz in ihrem Tätigkeitsfeld umsetzen. Germanwatch wird dabei fortlaufend über die Rückmeldungen von Politikerinnen berichten. Hier sollten Jusos aktiv werden und die Mandatsträgerinnen zu ihrem Beitrag zu den Ergebnissen der Rio-Konferenz befragen. Die "Verpflichtung zum Handeln" bekommt Ihr über Sonja (Jusos-PrenzIberg).

Global denken - Lokal handeln

Wir müssen uns bewußt werden, wie auch unser Handeln hier und heute in Pankow und Prenzlauer Berg Entwicklungen in aller Welt beeinflußt. Wir leben in einer Welt, die über Öko- und Wirtschaftssystem extrem kompliziert vemetzt ist. Zwar leisten wir Entwicklungshilfe, aber seit Mitte der 80er Jahre zahlen die Entwicklungsländer mehr zurück als sie behalten (s. Grafik). Der Norden und Süden driften immer weiter auseinander: Die Lebenserwartung ist in den meisten Ländern gering, die Kindersterblichkeitsrate hoch. Bildung bleibt das Privileg einer kleinen Elite; Menschenrechte werden mit den Füßen getreten. Hauptverantwortlich für dieZerstorung von Menschen und Umwelt ist das wachstumsorientierte Indüstrialisierungsmodell. 20% der Weltbevölkerung verbrauchen 80% der Weltressourcen. Hier liegen z.B. die Ursachen für die weltweiten Flüchtlingsbewegungen. Germanwatch weist darauf hin, daß zu Beginn der 80er Jahre die Zahl der Armutsflüchtlinge auf ca.20 Millionen gestiegen ist. Die Zahl der politischen Flüchtlinge hat ungefähr die gleiche Höhe erreicht und bis Ende des Jahrhunderts soll es einige hundert Millio- nen Umweltflüchtlinge geben. Fluchtursachen zu bekämpfen ist daher auch eine zentrale Forderung des SPD-Sofort- programms. Was können die Jusos nun konkret tun?? Germanwatch hat einen Maßnahmenkatalog für lokale, nationale und internationale Organisationen erstellt, der hier zum Teil vorgestellt werden soll. Alle Vorschläge sind in einer oder mehreren "Vorreiterstädten", wie Schwerte, Rottweil, Saarbrücken, Kassel, Freiburg, Detmold usw. bereits in praktische Politik umgesetzt. 50 deutsche Städte und Gemeinden sowie ein Landkreis sind bereits Mitglied im "Klimabündnis europäischer Städte". Sie verpflichten sich dazu,

- ihre C02-Emission im Energie- und Verkehrsbereich bis 2010 zu halbieren

- FCKW-Produktion und Gebrauch zu beenden

- und auf Tropenholz zu verzichten.

Zu den Maßnahmen der Städte im kommunalen Verwaltungsbereich:

Saarbrücken hat den Heizenergieeinsatz in öffentlichen Gebäuden zwischen 1980 und 1991 um 45% verringert und seit 1975 mehr als 10.000 Bäume pflanzen lassen. Schwerte prüft bei allen Ersatz- und Neubauten, ob der Einsatz emeuerbarer Energien wirtschaftlich ist und genehmigt nur umweltverträgliche Dienstreisen. (Für Fernziele sind grundsätzlich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen). Auch der Einsatz von Energiesparlampen und die Umstellung des städtischen Fuhrparks auf sparsame Autos gehören zur Klimapolitik vor Ort. Richtungsweisend ist auch das Verkehrskonzept der Jusos für den Prenzlauer Berg. Freiburg verkauft städtisches Bauland nur noch, wenn sich der Käufer verpflichtet, erheblich höhere Wärmestandards ("Niedrigenergiehäuser") als gesetzlich vorgeschrieben einzuhalten. Mit wenig Geld könnten die Kommunen eine Energieberatung in den Haushalten durchführen. Bei vollem Einsatz bereits bekannter Energiesparmaßnahmen könnten schon heute bis zu 80% der Energie eingespart werden, ohne Verzicht auf Wachstum!!! Im entwicklungspolitischen Bereich können wir Jusos uns um Städtepartnerschaften bemühen. Auf Bundesebene hat die SPD schon beschlossen, schrittweise 0,7% ihrer Haushaltsmittel für entwicklungspolitische Projekte zur Verfügung zu stehen. Ausführlich sind diese Forderungen in der Materialmappe "Rio Konkret" von Germanwatch, Riemannstr.2, 5300 Bonn l, (9DM) nachzulesen. Wir werden weiter an der Umsetzung dieser Forderungen ar- beiten und freuen uns über jeden, der Lust hat mitzumachen!! Jusos Prenziberg: jeden l. und 3. Mittwoch im Monat, Prenzlauer Allee 57,19.30 Uhr.

Sonja