Mai 1993

NOlympia 2000!

Feuer und Flamme für Olympia ... sind in Berlin der Senat, die Baumafia, die Industrie- und Handelskammer und alle, die sich sonst noch Aussichten auf den großen Reibach durch Olympia 2000 versprechen. Seit Monaten versuchen sie uns mit einer groß angelegten Werbekampagne einzuhämmern, wie wunderbar eine Olympiade für Berlin sei. Große Begeisterung konnten sie in der Bevölkerung bisher allerdings nicht auslösen. Spätestens der Besuch des IOC vom 17.-21.4., die große Anti-Olympia-Demo und der Versuch des Senats, die Olympia-Gegner mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu diffamieren und zu kriminalisieren, hat die öffentliche Meinung stark polarisiert. Die Olympia-Planer arbeiten mit gezinkten Karten, um für ihr Lieblingsprojekt Werbung zu machen, wie im Folgenden an zwei Problembereichen deutlich gemacht werden soll.

Olympia verursacht Wohnungsnot!

Die Olympia-Befürworter behaupten, durch den Neubau einiger tausend Wohnungen für das Olympische Dorf könne die schlimme Wohnungsnot in Berlin gelindert werden.Doch das Gegenteil ist der Fall. Von den neuen Olympiawohnungen werden die Betroffenen der Wohnungsnot gar nichts haben, weil diese Wohnungen nach den Spielen zu dermaßen horrenden Preisen verkauft oder vermietet werden, daß wir sie uns nicht leisten können. Die massiven Bauvorhaben für Olympianeubauten werden die Kapazitäten der Bauindustrie binden und damit die Preise für dringend benötigte Wohnungsneubauten und Instandsetzungen in die Höhe schnellen lassen. Das Resultat werden Spekulationsgeschäfte und Bauverzögerungen sowie rapide steigende Mieten für uns alle sein. Die städtebauliche Umstrukturierung, die mit dem Olympia-Konzept verbunden ist, wird zur Vertreibung der Normal- und Wenigverdienden aus den Innenstadtbezirken führen. In Barcelona haben sich durch die Olympiade die Belastungen für Mieten und Eigentumswohungen verdreifacht. Gleichzeitig sind 150.000 Menschen aus der Stadt weggezogen!

Olympia heißt öffentliche Verschuldung!

Die Olympia-Planer versuchen uns einzureden, die Olympiade würde den öffentlichen Haushalt nichts kosten. Das wurde in Barcelona auch behauptet. Die Realität sieht allerdings anders aus. Die Stadt muß durch die Olympiade einen Schuldenberg von 4,5 Milliarden DM abtragen, weil sich die Kosten für die Infrastrukturentwicklung während des Baus verdreifacht haben! Berlin ist bereits heute über beide Ohren verschuldet. Die Behauptung, daß durch die Olympischen Spiele Geld in die Kassen der Stadt fließen könnte, beruht auf miesen Rechentricks, die Ausgaben für bestimmte olympiabedingte Großprojekte (Messehallen, Großveranstaltungsstätten) einfach nicht berücksichtigen. Als 1990 der Senat die Bewerbung Berlins beschlossen hat, plante man bis zur IOC- Entscheidung im Herbst 1993, insgesamt 60 Millionen DM für die Arbeit der Olympia-GmbH auszugeben. Bis dahin werden es nach heutigem Stand aber 270 Millionen werden - also über viermal soviel! Und das nur für Werbung, Bewerbungsschrift und die grobe Planung des Projektes. Es ist keine Kunst vorauszusagen, daß die ca. 10 Milliarden DM, die laut Olympia GmbH für die Austragung der Spiele aus öffentlichen Mitteln benötigt werden, längst nicht ausreichen werden. Wenn Berlin erst den Zuschlag erhalten hat, werden uns die Olympiafanatiker im Senat erzählen, daß die Stadt aus Prestigegründen keinen Rückzieher mehr machen kann. Damit werden sie weitere finanzielle Belastungen rechtfertigen, die das ursprüngliche Finanzierungskonzept sprengen werden. Gleichzeitig ist kein Geld für soziale Einrichtungen, ABM und wirklich wichtige und sinnvolle Investitionen vorhanden. Es könnten an dieser Stelle noch zahlreiche weitere Probleme aufgezählt werden, die durch eine Olympiade in Berlin verursacht werden. Man denke nur an die gigantischen Baustellen, die den völligen Verkehrskollaps verursachen würden und an die ökologischen Folgen eines solchen Großprojektes. Die kommerzielle Vermarktung des Spitzensports, Doping und sonstige Auswüchse im Sportgeschäft sollten uns ohnehin prinzipiell über den Sinn - viel mehr Unsinn - einer Olympiade unabhängig vom Austragungsort nachdenken lassen. Im September dieses Jahres wird das IOC seine Entscheidung über den Austragungsort der Spiele treffen. Bis dahin haben wir noch Zeit, uns gegen Olympia 2000 in Berlin stark zu machen.

Boris