Ausverkauf in Berlin

Das Bieterverfahren für die Berliner Landesbank (LBB) einschließlich Sparkasse geht in die heiße Phase. Ist es überhaupt noch möglich, eine Privatisierung zu verhindern? Oder ist der Berliner Senat durch EU-Auflagen zum Verkauf der Sparkasse gezwungen?

Fragt man diesbezüglich bei der EU-Kommission nach, so erhält man die Antwort, dass nicht die Kommission, sondern »das Land Berlin im Rahmen des Umstrukturierungsplans die Veräußerung der BGB einschließlich der Berliner Sparkasse vorgesehen hat«. Auch in einer Pressemitteilung vom 28. 6. 2006 stellt die EU-Kommission fest, dass »gemäß Artikel 295 EG-Vertrag ... Deutschland vollkommen frei über die Privatisierung oder Nichtprivatisierung einer Sparkasse entscheiden kann.«

Es liegt also in der Verantwortung des Berliner Senats, ob die Sparkasse privatisiert wird. Eine Neuverhandlung des Umstrukturierungsplans ist möglich. Leider scheinen die Akteure im Senat, allen voran Finanzsenator Sarrazin, allerdings weit mehr daran interessiert, einen möglichst hohen Preis zu erzielen. Der ist vor allem erreichbar, wenn die Sparkasse verkauft und zudem privaten Finanzinvestoren die bisher einmalige Gelegenheit geboten wird, den Namen »Sparkasse« weiterzuführen und die Gewinne trotzdem privat einzustreichen. Ein Sparkassengesetz, das dieses bisher Unmögliche möglich machen sollte, ließ der rot-rote Senat von Freshfields Bruckhaus Deringer erarbeiten – einer Kanzlei, die mit der privaten Bankenlobby aufs engste verbunden ist.

Auf den Einwand, dass das Berliner Sparkassengesetz im Widerspruch zum deutschen Kreditwesengesetz steht, das den Namen Sparkasse für öffentlich-rechtliche Institute mit gemeinwohlorientierter Gewinnverwendung reserviert, reagierte Sarrazin, indem er die EU-Kommission bat, doch bei der Abschaffung des entsprechenden Paragraphen behilflich zu sein. Dieser Bitte kam die Kommission gern nach – und nahm ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wieder auf, das beinahe den Namensschutz für Sparkassen in ganz Deutschland beseitigt und eine flächendeckende Privatisierung ermöglicht hätte.

Nicht also die EU-Kommission zwingt das Land Berlin zum Verkauf der Sparkasse, sondern der Berliner Senat bedient sich der EU-Kommission, um Gesetze, die eine Privatisierung von Sparkassen verhindern, aus dem Weg zu räumen. Selbst die Financial Times Deutschland stellte kürzlich erstaunt fest, dass »die der Zusammensetzung ... nach ‚linkeste' Landesregierung die Privatisierung ihrer Sparkasse am entschiedensten betreibt. Die FDP hätte das nicht besser machen können, obwohl sie es wenigstens programmatisch vertritt«. (FTD 29. 01. 07)

Zwar hat die rot-rote Regierung inzwischen einen Antrag eingebracht, nach dem im Vertrag mit dem Käufer der Landesbank bestimmte sozialpolitische Auflagen verankert werden sollen. Allerdings stellt sich die Frage, warum der Senat sich hartnäckig weigert, etwa das Recht auf ein Girokonto für jedermann im Sparkassengesetz selbst zu verankern – der einzige Weg, um Betroffenen ein einklagbares Recht zu geben. Oder die Verpflichtung zur gemeinnützigen Gewinnverwendung ins Gesetz zu schreiben, die das Interesse von Privatbanken und Heuschrecken am Bieterverfahren erheblich abkühlen dürfte.

Da der Senat selbst kleine Nachbesserungen des Sparkassengesetzes ablehnt, kann man eigentlich nur hoffen, dass mit dem geplanten Volksbegehren für ein alternatives Sparkassengesetz noch etwas Sand in das Getriebe des Verkaufsprozesses gestreut wird. Sich den Forderungen des Volksbegehrens anzuschließen und endlich den Konflikt mit der SPD zu wagen, wäre im Interesse linker Glaubwürdigkeit dringend geboten.

Sahra Wagenknecht

Die Autorin ist Abgeordnete der Linkspartei.PDS-Delegation in der GUE/NGL Fraktion (Konföderale Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke) im Europäischen Parlament und Mitglied des Parteivorstandes der Linkspartei.PDS.

 

 

Hintergrund

Im Zuge des Berliner Bankenskandals wurde die Sparkasse durch milliardenschwere Subventionen durch den Berliner Senat vor der Insolvenz gerettet. Diese Risikoabschirmung wurde von der EU-Kommission jedoch nur genehmigt, wenn die Berliner Bankgesellschaft samt Tochterunternehmen bis 2007 ohne Einschränkungen verkauft wird, so die Aussage des Berliner Senats.

Die Folgen einer solchen Privatisierung wären:

• Girokonten nur noch für Gutverdiener:

So wird z. B. in Großbritannien der Bankenmarkt von nur wenigen Großbanken dominiert. Da es für sie nicht rentabel ist auch für ärmere Bevölkerungsgruppen ein Girokonto anzubieten, gibt es in Großbritannien 3,5 Mill. Haushalte ohne Girokonto,

• Steigende Gebühren und Zinsen,

• Schließung von unrentablen Filialen,

• Profitmaximierung vor Gemeinwohlorientierung.