Achtung! Repression!

Im Juni 2005 wurden in Potsdam fünf AntifaschistInnen festgenommen, nachdem ein stadtbekannter Neonazi bei einer Auseinandersetzung eine 4 cm lange Platzwunde davontrug. Gegen die fünf wurde wegen versuchten Mordes ermittelt. Eine Betroffene, Julia S. saß aufgrund dieses Tatvorwurfs fünf Monate in Untersuchungshaft.

Der Mordvorwurf gründete sich einzig auf der Einschätzung des damals ermittelnden Staatsanwaöltes P. Petersen, die Täterinnen seien AntifaschistInnen und würden als solche den Tod eines Nazis jederzeit beabsichtigen oder wenigstens billigend in Kauf nehmen.

Somit erklärte er alle AntifaschistInne zu potentiellen MörderInnen. Die gleiche Abteilung der Staatsanwaltschaft sah in einem kurz darauf folgenden brutalen Überfall von 15 Neonazis auf einen Potsdamer Antifaschisten und dessen Begleiter, bei dem einem Opfer mit einer abgeschlagenen Bierflasche in den Hals gestochen wurde nur eine gefährliche Körperverletzung.
Sehr schnell nach der Festnahme der fünf Antifas gründete sich eine Soligruppe, die sich zum Ziel setzte, die Betroffenen zu unterstützen, insbesondere die Gefangene aus dem Knast zu holen und dem Versuch, Antifaschismus zu kriminalisieren und zu diffamieren, offensiv entgegenzutreten. Durch intensive Pressearbeit, mehrere Knastkundgebungen, Kommunikationsguerilla-Aktionen u.  Ä. wurde massiver öffentlicher Druck aufgebaut, von immer mehr Seiten kam die Forderung nach Freilassung der jungen Antifaschistin und Kritik an der eindeutig politisch motivierten und komplett überzogenen Anklageschrift.

Das mediale Aufsehen und der massive öffentliche Druck zwangen die Staatsanwaltschaft in die Defensive. Petersen ließ sich monatelang verleugnen und hielt entlastende Beweismaterialien zurück, wo­durch die U-Haft der inhaftierten Antifaschistin künstlich verlängert wurde. Doch schließlich musste sie im November 2005 nach fünf Monaten Haft entlassen werden, nachdem die Konstrukte der Staatsanwaltschaft öffentlich nicht mehr zu rechtfertigen waren.

Die mittlerweile bekannt gewordene Versetzung Petersens von der Abteilung für Politische Straftaten zu den Allgemeinen Strafsachen betrachten wir als direkte Konsequenz aus seinem Vorgehen und der politischen Niederlage, die die Staatsanwaltschaft hinnehmen musste.

In diesem Jahr endlich wurde die Anklage vom zuständigen Richter auf gefährliche Körperverletzung herabgestuft, da ein unabhängiges Gutachten ergab, was von Anfang an offensichtlich war: Das überhaupt keine Tat vorliegt, die als versuchte Tötung bewertet werden kann.

Der Prozess der fünf Antifas findet vom 7. August bis 13. September am Landgericht
Potsdam statt. Es wird mit massiver Präsenz von Neonazis
aus Potsdam, Berlin und Umgebung gerechnet, da stadtbekannte Neonazis auf der Zeugenbank sitzen werden. Außerdem hat der betroffene Nazi Nebenklage eingereicht und wird vom in der Naziszene renomierten Rechtsanwalt Wolfram Nahrath vertreten. Dieser war Vorsitzender der Wiking-Jugend, Redner auf verschiedenen NPD-Demonstrationen und verteidigte schon diverse gewalttätige Neonazis in ihren Prozessen.

Wir sind dringend auf personelle Unterstützung während des Prozesses angewiesen. Wir würden uns freuen, wenn einzelne Gruppen zu bestimmten Terminen mobilisieren würden und im Voraus mit uns Kontakt aufnehmen könnten. Auch finanzielle Hilfe wird immer noch benötigt.

www.soligruppe-potsdam.de
Spendenkonto:
Inhaber: Rote Hilfe e.V. Potsdam
Kreditinstitut: Postbank Stuttgart
BLZ: 600 10070
Kontonummer: 151907703
Verwendungszweck: soligruppe

Rotdorn-RadioAktiv
Sendung vom 17.4.2006: »Solidarität gegen staatliche Repression«
zu finden unter: www.rotdorn.org

Repressionen in Russland:
Einzelfall oder Normalität?

Auf dem europäischen Sozialforum (ESF) im Mai 2006 in Athen lernte ich viele Menschen kennen, so auch Olga aus Russland. Nur was ihr nach der Heimkehr geschah, hat mich so geschockt, dass ich es dir, lieber Leser, mitteilen muß.

Als sie ihren Zug in Krasnodar verließ, wurde sie schon von der Polizei erwartet. Sie wurde auf das Polizeirevier gebracht und dort stundenlang verhört. Auch all ihre Adressen, Photos, ihre Kamera und ihr Handy wurden beschlagnahmt. So erhielt die russische Polizei und wahrscheinlich auch der Geheimdienst unter vielen Adressen aus ganz Europa auch meine. Auf diesem Weg sammeln in Russland Polizei und Geheimdienst Informationen über das ESF. Olga meint, in der Region von Krasnodar seien die Repressionen besonders schlimm. Die linke Bewegung wird sehr stark überwacht und es war für Olga und ihre Genossen unmöglich zum Protest gegen das G8 Treffen nach Sankt Petersburg zu fahren. Wenn es darum geht, Proteste gegen die neoliberale Politik zu verhindern, sind die Werte der Freiheit schnell vergessen.
Nicht nur die Polizei, sondern auch andere staatliche Stellen machen Olga jetzt Probleme: Wegen des Besuches auf dem ESF erhielt sie einen Verweis von ihrem Dekan. Aufgrund dieses Verweises können ihr jetzt die hervorragenden Studienleistungen aberkannt werden. »Er ist ein Feigling, weil er tut, was die Regierung von ihm verlangt.« sagt Olga über ihren Dekan. Zumindest wurde sie nicht zwansexmatrikuliert und kann ihr Studium fortsetzen. Sie versuchte, über die russischen Massenmedien einen öffentlichen Druck aufzubauen.
Die westlichen Diplomaten und Medienverterter interessierten sich nicht für Olgas Fall. Sie hofieren die neoliberalen Gegner Putins, linke und globalisierungskritische Putingegner werden von ihnen einfach übersehen. Ist das die Freiheit für die unsere Armeen in der ganzen Welt Kriege führen?

SL