Brandenburg: Über den Staatsbürgerschaftsrassismus der CDU

Schwarzbraun ist die Havelnuss...

»Ausländer mit fehlenden Sprachkenntnissen haben nach Ansicht Schönbohms nichts in Deutschland verloren« heißt es wortwörtlich in einer aktuellen Presseerklärung der Brandenburger CDU. Der Landeschef der Christdemokraten beschwört dieser Tage, wo immer er kann, die Gefahr eines »Multikultistan« herauf und nutzt die aktuelle Integrationsdebatte, um mit antiislamischen und fremdenfeindlichen Ressentiments nach WählerInnensympathien am rechten Rand zu fischen. Unter aktiver Zuwanderung versteht er die Auswahl »uns nützlicher« Migrantinnen und Migranten, unter Staatsbürgerschaft die Zugehörigkeit zu einer »Schicksalsgemeinschaft«.

In der CDU ist Schönbohm mit derartigen Vorstellungen nicht allein. »Deutschland, Deutschland über alles« rutschte es erst kürzlich Sven Petke heraus, als der märkische Generalsekretär und Innenexperte seiner Partei nach der ersten Zeile der deutschen Nationalhymne gefragt wurde. Es ist nicht nur bezeichnend, dass Petke damit an eben jenem hessischen Staatsbürgerschaftstest scheiterte, für den er sich im selben Interview stark zu machen versuchte - viel erschreckender ist die Tatsache, dass der Missgriff kaum eine Reaktion hervorrief.

Alte Lieder, konfuse Tests und deutsche Kontinuitäten

Schon im Laufe des Ersten Weltkriegs war die erste Strophe des Deutschlandliedes zum wichtigen Symbol eines nationalistischen Überlegenheitsgefühls geworden, dass den Deutschen Anspruch auf Vorherrschaft begründete. Nach der Machtergreifung der Nazis wurden die zweite und dritte Strophe der offiziellen Weimarer Nationalhymne durch das Horst-Wessel-Lied verdrängt, nur die erste blieb übrig. Sie wird bisweilen heute noch gesungen – meist von Neonazis, die ihrer toten Helden aus Wehrmacht oder SS gedenken und die Opfer des Faschismus verhöhnen. Falls Petke nach gescheitertem Test nicht seinen Pass abgibt und seine Zelte konsequenterweise irgendwo anders zwischen – Maas und Memel, Etsch und Belt – aufschlägt, kann er sicher mit der einen oder anderen Einladung zu den Liederabenden örtlicher Kameradschaften rechnen. Ob kalkulierter Fehltritt oder Freudscher Versprecher, Petkes Antwort einfach als peinliche Lappalie abzutun entspricht eben jener inakzeptablen Gleichgültigkeit, wegen der plumpe Deutschtümelei und revanchistische Großmannssucht in der Bundesrepublik nach wie vor in weiten Teilen der Bevölkerung Anklang finden.

Jörg Schönbohm hat den Ein­bürgerungstest per Fragebogen mitt­lerweile übrigens abgelehnt. Er begründete seine Haltung freilich nicht mit dem will­kürlichen und lächerlichen Charakter des Vaterlandsquiz’, sondern damit, dass sich die »Betroffenen« – seiner Erwartung nach offenbar cleverer als der Kronprinz – im Vorfeld über die Antworten informieren könnten. Damit sich ihre Chancen auf Einbürgerung hierdurch nicht allzu sehr erhöhen, plädiert der General a.D. für individuelle Überprüfungsgespräche, von denen der Erhalt der Staatsbürgerschaft abhängen soll. »Die Zeit der Gastfreundschaft geht zu Ende« hatte Schönbohm schon 1998 in der Berliner Zeitung gepoltert. Vor diesem Hintergrund erscheint Petkes Liedwunsch lediglich als weiterer Höhepunkt einer fremdenfeindlichen Kontinuität in der Brandenburger CDU, deren Türen nach rechtsaußen sperrangelweit offen stehen.

Der Schoß ist fruchtbar noch – Aussteigerprogramm für Schönbohm gefordert

»Es wäre angebrachter, über die repressive Bevormundung und die menschenunwürdigen Unterbringungsbedingungen mehrerer tausend Flüchtlinge im Land Brandenburg zu reden, statt sich in Lobpreisungen einer ach so weltoffenen deutschen Kultur zu ergehen« erklärte Steffen Kühne im Namen des Landesvorstandes von ['solid] Brandenburg. »Es bleibt zu hoffen, dass Menschen nichtdeutscher Herkunft sich von diesem Leitkulturgeblubber nicht beeindrucken lassen und alle, die kein Verlangen nach Volksgemeinschaft und kultureller Gleichschaltung haben, mit dem deutschnationalen Stumpfsinn nicht alleine lassen«. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit, rechten Meinungen keine Freiräume zu lassen und ihnen aktiv entgegenzuwirken: »Jörg Schönbohm sollte als Innenminister mit gutem Beispiel vorangehen und darüber nachdenken das Aussteigerprogramm für Menschen, die in rechte Kreise abgerutscht sind und sich gesellschaftlich wieder eingliedern wollen, selbst in Anspruch zu nehmen. Der Absprung wird sicher nicht einfach, aber er wird merken, dass das Leben weitaus mehr zu bieten hat, als nationalistische Parolen und fremdenfeindliche Hetze.

['solid] Brandenburg erneuerte seine Forderung nach Abschaffung der menschenunwürdigen Residenzpflicht, nach einem sofortigen Abschiebestopp für Flüchtlinge mit unsicherem Aufenthaltsstatus und gleichberechtigtem Zugang zu Studium, Ausbildung und Arbeitsmarkt für alle hier lebenden Menschen. Es ist schlichtweg verlogen, Menschen aus anderen Ländern Sprachkenntnisse und eine umfassende Integration in die Gesellschaft abzuverlangen, wenn gleichzeitig die Möglichkeiten hierfür von staatlicher Seite gezielt verschlechtert werden und ihnen bei jeder Gelegenheit zu verstehen gegeben wird, sie seien nicht willkommen.

■ ['solid] Brandenburg