»Ich glaube, wir sollten das machen!«

Basti & Benny vom Rotdorn sprachen mit Stefan Liebich über den schwierigen Gründungsprozess der Linkspartei, rot-rote Regierungsarbeit in Berlin und Konzepte linker Politik.

Wie beurteilst du deine Gegenkandidaten, die Herren Nooke und Thierse?

Wolfgang Thierse und Günter Nooke machen schon sehr lange im Bundestag Politik. Ich kann sie anhand dessen beurteilen, was sie dort beschlossen haben. Dazu gehört für mich zu allererst die Einschränkung von Bürgerrechten, die Hartz Gesetze mit unterschiedlichen Regelsätzen des Arbeitslogengeldes?II in Ost und West. Ich finde, dass das keine vernünftige Vertretung in Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee ist.

Du hast dich kritisch zu eurem Partner in der Linkspartei geäußert. Siehst du nicht auch, dass dieses Projekt die notwendige Alternative zu Rot-Grün und Schwarz-Gelb sein muss?

Absolut ist das so, und darum finde ich, dass es deutschlandweit ein richtiges Projekt ist. Ich glaube, wir sollten das machen! Darum habe ich auf dem Bundesparteitag für die Umbenennung in Die Linkspartei geworben. Dieser Beschluss wurde mit deutlicher Mehrheit so gefasst. Das Problem auf das ich mich bezogen habe, war ein konkretes in Berlin. Da war es zuerst so, dass die WASG sich zu allererst in Kritik an der PDS gegründet hat. Das macht es ein bisschen schwer mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der bei der nächsten Wahl gegen einen antritt ist es nicht ganz einfach.

Aber es braucht eine starke Linke, gerade im Bund?!

Ja, und darum ist es gut, dass es dieses Projekt gibt. Darum werden wir das auch in Berlin hinkriegen. Da müssen wir unsere persönlichen Bauchschmerzen ein bisschen zurückstellen. Das gilt für uns wie für die Wahlalternative. Darum bemühen wir uns auch.

Welche Programmatik vertritt die PDS in Bezug auf Studiengebühren?

Die PDS ist gegen Studiengebühren; das haben wir in unserem Wahlprogramm noch einmal festgeschrieben. Das gilt für die gesamte PDS. Sollte jetzt die gewitzte Nachfrage kommen, wieso wir in Berlin über Studienkonten gesprochen haben, antworte ich gleich: Unsere Debatte hier war ein Versuch Studiengebühren zu verhindern, wie sie jetzt in einigen Bundesländern kommen. Da hat sich die Partei aber anders entschieden. Deshalb bleibt es in Berlin dabei, das sich an den bisherigen Regeln solange wir in der Regierung sind nichts ändern wird.

Was sagst du PDS-Wählern, die von einigen Entscheidungen des Rot-Roten Senates in Berlin enttäuscht sind?

Ich versuche das dann ganz konkret zu diskutieren. Ich weiß das ja, es ist am Anfang nach den letzten Wahlen 2001 sehr schnell mit den Umfragen runter gegangen von 22% bis auf dramatische 9%. Da hängt natürlich damit zusammen, dass sich viele Menschen mehr gewünscht haben und mehr von uns erwartet haben von uns. Da muss man darüber diskutieren, warum einzelne Entscheidungen gefallen sind. Da muss man entscheiden, ob es trotzdem sinnvoll ist, das die PDS in der Regierung ist. Ich glaube aber, dass es uns in der letzten Zeit aber deutlich besser gelungen ist, deutlich zu machen, anders zu machen als die SPD. Beispielsweise bei unseren Protesten gegen die Hartz Gesetze. Beispielsweise dadurch, dass wir das Sozialticket wieder eingeführt haben, dass es jetzt auch ein Kulturticket für 3 € für sozial Schwache gibt. Ich denke, dass sind Punkte, an denen wir deutlich machen, dass wir das soziale Gewissen sind. Wir kommen auch nicht darum herum schwierige Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.

Wie möchte die Linkspartei.PDS den eklatanten Einkommensunterschied zwischen Menschen wie Peter Hartz und Hartz IV-Empfängern ausgleichen?

Von zwei Seiten: Zum einen bei Managern ist es so, dass sie meinen sich in einem weltweiten Wettbewerb um die höchsten Einkommen zu befinden. Da denke ich hilft zu allererst Transparenz. Da muss man offen legen, was Manager verdienen und dann müssen sie sich einer öffentlichen Debatte stellen. Wir haben das in Berlin so gemacht, dass Manager großer öffentlicher Unternehmen wie BVG und Vivantis künftig ihre Einkommen offen legen müssen. Ich möchte eine Debatte darüber warum Menschen so viel Geld haben müssen. Ich glaube, dass das dazu beitragen wird, dass da auch moralische Grenzen gezogen werden. Auf der andern Seite ist es so, dass wir nicht möchten, dass diejenigen sie sehr wenig haben nicht weniger haben als es zum Lebensunterhalt notwendig ist. Da fangen wir an, bei den ALGII-Empfängern also den Hartz IV-Empfängern, die ja gegenwärtig 331€ Ost bzw. 345€ West bekommen. Da sagt die Linkspartei.PDS: Das Mindeste sind 420€. Das ist genau das, was der deutsche paritätische Wohlfahrtsverband als das mindeste zum Lebensunterhalt Notwendige ausgerechnet hat. Weitere Umverteilungen in der Gesellschaft müssen über ein neues solidarisches Steuersystem erfolgen. Das hat die Linkspartei PDS einen Vorschlag gemacht. Wir sind, glaube ich, die Radikalsten, was die Entlastung unterer und Belastung oberer Einkommensgruppen angeht. Da gehen wir ziemlich hart ran. Das schafft Umverteilung und mehr Geld für die öffentlichen Kassen!

Es ist so, dass in letzter Zeit nicht nur die Armen belastet werden. Es wird auch der Mittelstand belastet um wenige sehr Reiche noch weiter zu entlasten.

Ja, eine absolut falsche Entwicklung. Ich habe auch nicht verstanden, wieso Rot Grün nicht das, was z.B. die Grünen auf ihren Parteitagen mehrfach beschlossen umsetzen. Ein Beispiel ist eine Vermögensteuer für die ganz Reichen einzuführen. Die Politik die Spitzeneinkommen immer weiter zu entlasten und zu hoffen, dass dadurch Arbeitsplätze entstehen hat sich als Trugschluss erwiesen. Harald Wolff, unser Wirtschaftssenator hat das mal sehr plastisch dargestellt: Er hat vorgerechnet, dass ab einem bestimmten Einkommen, wo die Leute richtig viel haben, sie das Geld was sie noch mehr haben immer aufs Bankkonto legen. Diejenigen, die weniger haben, müssen ich Geld auch ausgeben. Auch aus gesamtvolkswirtschaftlichen Gründen ist es sinnvoll mit so einer Politik, wie sie bisher gemacht wurde, Schluss zu machen.

Stefan Liebich ist bei der Bundestagswahl Direktkandidat der Linkspartei für den Wahlkreis Pankow/Prenzlauer Berg/Weißensee und Fraktions- und Landesvorsitzender der PDS in Berlin