Der Rotdorn Filmtipp
„Muxmäuschenstill – kippt die Moral“


Unbemerkt in der Öffentlichkeit (konkret: Berlin) rotiert ein Ex-Philosophie Student durch die Strassen der Stadt. Sein Name: Mux (Jan Henrik Stahlberg). Dem öffentlichen Status als Student den Rücken zugewandt, haust er in einer großen Altbauwohnung in Mitte zwischen Aktenordnern und Papierbergen, um notorisch gesellschaftlichen Verbrechen nachzugehen. Er verunsichert die städtische Gesellschaft mit krassen Aktionen an der Grenze zwischen Kriminalität und Performance. Sein Anliegen: Eine Reformation des althergebrachten moralischen Denkens. Die Masse der Menschen muss sowohl im gesellschaftlichen als auch im sozialen Bereich die normale Form der Respektanz beibehalten. Er bekämpft diktatorisch alle Arten von Kriminalitäten und dazu ist ihm jedes Mittel recht. In Nacht- und Nebelaktionen stürzt er sich auf die Gleisen der BVG, wenn wieder einmal eine Bahn schneller als 50 km/h fährt oder ein Freier des Babystrichs wird auf Mux‘s Art „erzogen“ – er schlägt ihn brutal zusammen. Sein einziger Lichtblick im Chaos seines Lebens ist Kira (Wanda Perdelwitz), in der er eine junge Geliebte findet. Die Handlung spitzt sich zu, aber soviel sei verraten, ein Happy End wird es nicht geben.

„Muxmäuschenstill“ von Marcus Mittermeier ist eine zynische, schräge, sehr gewaltsame und schockierende Filmaufnahme, die an sich selber aber keinen moralischen Anspruch stellt. Es ist aber ein Portrait dessen, welchen Weg Menschen in einer Gesellschaft einschlagen können. Der Regisseur hält sich an die Tradition des skandinavischen Dogma-Films (Handkamera, Improvisation), so wirkt die fiktive Geschichte wie eine Dokumentation des Realen – stressig, neurotisch, schonungslos. Mit einem Budget von nur 40?000 Euro ist ein Unikum der deutschen ‚Kriminalgeschichte‘ entstanden, ein Hinweisschild auf die deutsche Mediengesellschaft, auf die Ignoranz der Gesellschaft, und die Resignation der Menschen, die in ihr leben.

Erwartet kein „Cola-und-Popcorn-Kino“, freut euch aber auf einen polarisierenden Film...
(Auch als DVD in der Videothek erhältlich)


Cornelia