Nachdem der Rotdorn in Ausgabe 36 ausführlich die Idee der Studienkonten
von Berlins Wissenschafts-Senator Dr.Thomas Flierl (PDS) erläuterte (siehe
Online-Archiv) und in der letzten Ausgabe der bundes-weite Hochschulstreik thematisiert
wurde, widmet sich der nun folgende Artikel dem Hochschul-Landesparteitag der
PDS in Berlin.
Der Artikel soll zeigen, ob – und wenn ja, was genau – die PDS in
Berlin von den Ideen der streikenden Studierenden in ihre Politik aufnimmt.
PDS gegen Studienkonten!
In Umsetzung des Landsparteitagsbeschlusses „Keine Studiengebühren
in Berlin! PDS bietet Studierenden Dialog an!“ vom Dezember 2003 fand
am 4.April 2004 eine Sondersitzung zum Thema Wissenschaftspolitik statt.
Diese Sitzung war notwendig geworden, da sich die PDS Berlin zu einem vom Senator
für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dr. Thomas Flierl, vorgeschlagenen
Studienkontenmodell und möglichen Alternativen positionieren musste. In
Vorbereitung auf die Sitzung gab es in den letzten Monaten schon eine Reihe
von Veranstaltungen wie die „Hochschulpolitische Konferenz“ im Februar
2004 oder Beratungen statt, in denen Delegierte und Interessierte sich informieren,
Stellung beziehen oder Fragen stellen konnten.
In der Sitzung, die in der Werkstatt der Kulturen in Berlin-Neukölln stattfand,
setzten sich die Delegierten zunächst mit dem Antrag „wissen schafft
stadt – Für eine progressive Hochschulpolitik in Berlin“ und
dessen Themen (z. B.
Studienreform, Struktur der Hochschulen, Wissenschaftstarifvertrag und Hochschulgesetz)
auseinander und stimmten bei lediglich einer Gegen-stimme für diesen.
Mit mehr Spannung wurde allerdings die Debatte und die Abstimmung zum Thema
Studienkonten erwartet. Dies zeigte vor allem ein voller Saal, in dem nicht
nur Delegierte saßen, sondern auch zahlreiche Studierende, interessierte
Gäste und Presse. Dem Parteitag lag zum einen ein Antrag der Senatoren
und verschiedener Fraktionsmitglieder vor, der sich für ein Studienkontenmodell
aussprach. Zum anderen hatte die Landesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftspolitik
und andere den Änderungsantrag „Koalitionsvereinbarung statt Studienkonten“
zu diesem eingebracht, der sich gegen Studienkonten richtete, da die gewünschten
Ziele des Modells auch auf alternativem Wege erreicht werden können.
In einer zum Teil emotionalisierten Debatte positionierten sich dann aber nicht
nur Wissenschaftspolitiker wie Thomas Flierl und Benjamin Hoff (Mitglied des
Abgeordnetenhauses und wissenschaftspolitischer Sprecher der PDS-Fraktion),
sondern auch Studierende, PDS-Mitglieder und Interessierte. Sie brachten die
verschiedenen Argumente für und gegen Studienkonten vor. Des weiteren wurde
mehrfach darum gebeten, die Abstimmung über Studienkonten nicht als eine
Abstimmung über die Person des Wissenschaftssenators zu begreifen, wie
es vorher mehrfach in der Presse dargestellt wurde. Trotzdem müsse man
sich aber positionieren und sich nicht enthalten. Langer Zwischenapplaus bei
und nach Redebeiträgen zeigte, wie sehr diese Debatte mittlerweile die
Gemüter bewegte. Verständlich, wenn man bedenkt, dass sich viele der
Beteiligten schon seit mehreren Monaten mit diesem Thema auseinandergesetzt
haben; sei es in Form der Hochschulstreiks oder in Form vonm Diskussionen zum
Modell und den möglichen Alternativen. Während der Abstimmung ringten
sich die Gäste um die Delegierten. Eine überwältigende Mehrheit
(75%) sprach sich gegen Studienkonten aus. Daraufhin applaudierten die Beteiligten
und brachen in Jubel aus.
Damit hatte die PDS Studienkonten abgelehnt! Allerdings steht sie nun vor der
schwierigen Aufgabe die beschlossenen Alternativen wie z. B. die Verbesserung
der Studienbedingungen umzusetzen, um tatsächlich progressive Hochschulpolitik
zu machen und Studiengebühren bzw. -konten in dieser Stadt weiterhin verhindern
zu können.
Katharina Weise
Die Autorin ist Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftspolitik
und Bezirksverordnete der PDS in Berlin-Treptow-Köpenick