Januar 2003 

Amram Mitzna

 

 

Echter Herausforderer von Scharon

Israels Arbeitspartei wählt einen Mann des Friedens an ihre Spitze

 

Am 28.Januar finden in Israel vorgezogene Parlamentswahlen statt. Die israelischen Wähler haben dank des neu gewählten Vorsitzenden der Arbeitspartei Amram Mitzna eine echte Alternative zum derzeitigen Ministerpräsidenten Ariel Scharon. Der 57-jährige Oberbürgermeister der jüdisch-arabischen Hafenstadt Haifa, in der er sich für Integration und Aussöhnung stark macht, löst den ehemaligen Verteidigungsminister Ben Elieser im Amt ab und wird Spitzenkandidat seiner Partei. "Mit Mitzna schaffen wir einen neuen Anfang" jubeln seine Genossen. Der im Kibbuz (jüdische Agrargenossenschaft) geborene ehemalige General will der Arbeitspartei nach der 20-monatigen Großen Koalition mit Scharons Likud-Block (rechtskonservatives Parteienbündnis) "ihre Identität zurückgeben" und sie wieder klar nach links führen. Nach einem Wahlsieg will er umgehend "Verhandlungen ohne Vorbedingungen" aufnehmen: "Wir dürfen unsere Agenda nicht mehr von den Extremisten bestimmen lassen". Er plant, die israelischen Truppen umgehend aus dem Gazastreifen abzuziehen und die israelischen Siedlungen in diesem Gebiet zu evakuieren.

Es ist nicht das erste Mal, dass Mitzna Scharon ins Gehege kommt. Vor zwanzig Jahren, während der von Scharon als "Verteidigungsminister" angezettelten Libanon-Invasion, protestierte Mitzna als Generalstabsoffizier gegen die dreitägigen Artillerie- und Luftangriffe auf die libanesische Hauptstadt Beirut. Nachdem unter Scharons Aufsicht in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila von libanesischen Falangisten (christliche, der faschistischen Ideologie nahestehende Milizen) ein Massaker unter der Zivilbevölkerung angerichtet wurde, stellte sich der mehrfach ausgezeichnete Offizier Amram Mitzna offen gegen seinen Oberbefehlshaber, den damaligen Verteidigungsminister Scharon.

Die israelischen Wähler haben es Ende Januar in der Hand, ob der schwierige, aber einzig gangbare Weg des Friedens beschritten wird oder die „unheilige Allianz zwischen den Extremisten auf beiden Seiten“ (Molshe Waxmann, Professor am Institut für deutsche Geschichte der Jerusalemer Universität) mit der Zerstörung der Infrastruktur, Besetzungen, Erschießungen und Selbstmordattentaten fortgesetzt wird.

 

Klaus Körner