Januar 2003
Wohl in keinem
anderen Land der Welt werden so viele Linke ermordet wie in Kolumbien. Mehr als
5000 Menschen werden jedes Jahr von paramilitärischen Gruppen umgebracht -
massakriert, gefoltert, manchmal mit Motorsägen zerstückelt. Die dafür
verantwortlichen Todesschwadronen agieren mit Rückendeckung des kolumbianischen
Staates und üben die Rolle einer Privatarmee im Dienste der Besitzenden aus. Die
Morde folgen fast immer auch einem wirtschaftlichen Kalkül:
GroßgrundbesitzerInnen vertreiben KleinbäuerInnen, Unternehmen lassen
unliebsame GewerkschafterInnen aus dem Weg räumen, die Regierung sorgt dafür,
dass geplante Großprojekte (wie Staudämme und Erdölbohrungen) reibungslos
durchgeführt werden können. Der Terror der Paramilitärs ebnet der
Globalisierung den Weg: Mit der Zerschlagung von Gewerkschaften wird die
Abschaffung von Arbeitsschutzgesetzen erleichtert und damit der Arbeitsmarkt
"flexibilisiert", die Vertreibung von Kleinbauern ermöglicht die
Erschließung bisher kaum "entwickelter" Regionen, die Einschüchterung
der Gewerkschaften bahnt den von IWF und Weltbank angemahnten
Privatisierungsprozessen den Weg ...
Transnationale
Unternehmen spielen dabei eine Schlüsselrolle. Während eines Pipeline-Baus von
„British Petroleum“ in Kolumbien ermordeten Todesschwadrone in der Nähe der
Bautrasse Hunderte von Menschen, die als Gegner des Projekts galten.
Abgesichert wurde der Bau von dem berüchtigten britischen Söldnerunternehmen
Defence Systems Ltd. Gegen den Kohle-Multi „Drummonds“ ist wegen der Ermordung
von Gewerkschaftern eine Anklage in den USA erhoben worden. Und auch bei
„Nestlé“ gibt es eine auffällige Häufung von Anschlägen im Vorfeld von Tarifverhandlungen.
Doch besonders stark kritisiert wird die Politik „Coca Colas“, das wichtige
Kapitalanteile an dem kolumbianischen Coca Cola-Abfüllunternehmen „Panamco“
besitzt.
In den
Abfüllanlagen der formal von „Coca Cola“ unabhängigen, de facto aber über
Kapitalanteile an den US-Konzern gebundenen kolumbianischen Firma Panamco tobt
ein regelrechter Krieg gegen die Gewerkschaften.
Mehr als 120 Angriffe hat die Ernährungsgewerkschaft SINALTRAINAL seit 1990
protokolliert: Ermordungen, Entführungen, Drohanrufe, inszenierte
Terrorismusverfahren. In der von Armee und Paramilitärs besonders streng
kontrollierten nordkolumbianischen Region Urabá wurde die Gewerkschaft sogar im
wörtlichen Sinne physisch eliminiert. Im Dezember 1996 ermordeten "Unbekannte"
den regionalen SINALTRAINAL-Sekretär Isidro Segundo Gil, ein weiterer
Funktionär konnte einer Entführung nur knapp entkommen. Das
Gewerkschaftsgebäude in der Stadt Carepa wurde in Brand gesetzt, die
ArbeiterInnen des Unternehmens von Bewaffneten gezwungen, "bis 4 Uhr
nachmittags aus der Gewerkschaft auszutreten“.
Und die Situation
verschlechtert sich weiter. Der Druck auf jene Coca-Cola-Arbeiter, die noch
gewerkschaftlich organisiert sind, wird immer größer. AktivistInnen können ihre
Wohnungen nicht mehr ungeschützt verlassen und erhalten regelmäßig
Morddrohungen. Die Gewerkschaftssektionen von Barrancabermeja und Bucaramanga
sind im "inneren Exil". Die GewerkschafterInnen verbringen aus
Sicherheitsgründen die meiste Zeit in der Hauptstadt Bogotá. Diese
Firmenpolitik scheint im übrigen nicht auf Kolumbien beschränkt zu sein. Gegen
Coca-Cola-GewerkschafterInnen in Guatemala und Peru hat es in den vergangenen
Jahren ähnliche Gewalttaten gegeben.
Vor diesem
Hintergrund mobilisieren kolumbianische Gewerkschaften und die "Kampagne
gegen Straflosigkeit - Colombia Clama Justicia" zur Zeit für eine
internationale Kampagne gegen Coca Cola. In den USA hat die
Stahlarbeitergewerkschaft „United Steel Workers“ aus Solidarität mit den
kolumbianischen KollegInnen eine Klage gegen Coca Cola vor dem Distriktgericht
von Südflorida eingereicht. Parallel dazu will ein breites Bündnis von
baptistischen Kirchen, Trade Unions und Menschenrechtsgruppen in den USA in
diesem Sommer auf die Arbeitsbedingungen bei dem Getränkekonzern hinweisen.
Auch Gruppen in Italien, Belgien und Großbritannien haben ihre Unterstützung
zugesagt.
Was mit der
Kampagne erreicht werden soll
Um eins gleich
klar zu stellen: Uns geht es nicht darum, Coca Cola als Symbol einer
vermeintlichen US-Kultur zu brandmarken. Bei der Politik der transnationalen
Unternehmen spielt es keine Rolle, ob sich der jeweilige Firmensitz nun in den
USA, Großbritannien, der Schweiz oder in Deutschland befindet. BP, Nestlé oder
Mercedes-Benz haben nicht weniger Dreck am Stecken als Coca Cola. Wenn wir in
diesem Fall jedoch über Coca Cola sprechen, dann deswegen, weil es konkrete
Ereignisse gibt, die konkrete Solidarität erforderlich machen.
Es gibt viele
Möglichkeiten, an diese Kampagne anzudocken. Jede/r kann sich Aktionsformen
ausdenken. In Italien kündigten AktivistInnen an, sie wollten
Coca-Cola-Getränke öffentlichkeitswirksam aus einem Supermarkt auf die Straße
räumen. Gute Idee! Man kann aber auch Kundgebungen organisieren,
Unterschriftenlisten sammeln und an Coca Cola schicken, die Hotline des
Konzerns nerven oder imageschädigende Websites ins Netz stellen. Man kann
Aufkleber entwerfen, Veranstaltungen machen, zu einem Boykott aufrufen. Oder
auf Aktionärsversammlungen auftauchen ...
Wenn Ihr
Hintergrundinformationen braucht, könnt Ihr diese jederzeit bei uns erhalten.
Wir stellen uns nur ein konkretes Ziel: Die Kampagne gegen Coca Cola sollte so
lange gehen, bis der Konzern seine Entlassungspolitik einstellt, gewerkschaftliche
Organisierung akzeptiert und Maßnahmen gegen den Paramilitarismus im und um den
Betrieb herum ergreift. Coca Cola darf sich nicht darauf zurückziehen, dass die
Abfüllanlagen nicht zum Mutterkonzern gehören. Wäre in einer kolumbianischen
Abfüllanlage Gift in die Getränkeflaschen gelangt, hätte Coca Cola sicherlich
auch scharf durchgegriffen. Also kann das Unternehmen durchaus handeln, wenn
seine Lizenznehmer GewerkschafterInnen erschießen lassen!
Schluss mit dem Terror gegen
GewerkschafterInnen!
Solidarität mit SINALTRAINAL!
Coca
Cola sucks!
Kontakt
Kampagne "Coca Cola-Kolumbien"
Kolumbien-odyssee@gmx.net
C/o Schwarze Risse
Gneisenaustr. 2a
10961 Berlin
Internet: www.kolumbienkampagne.de
Erst-UnterstützerInnen
Callcenteroffensive Berlin, Labournet, Chemiekreis Wuppertal,
Solidaritätsnetzwerk (ISNRSI), TIE, FELS-Berlin, Ulla Jelpke und Carsten Hübner
(MdB-PDS), Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Yavuz
Fersoglu (PDS-Hamburg), Gruppe fidi.direct in verdi, Citi-Critic e.v. (Verein
zur Förderung von Demokratie in Arbeitswelt und Gesellschaft), FDCL-Berlin
(Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika), Arbeitskreis
Internationalismus der IG Metall Berlin, Linkes Bündnis Dortmund,
Wissenschaftlich-humanitäres Komitee (Regionalgruppe Ruhr), Astrid Keller
(Stadtrat Dortmund), Lateinamerikanachrichten, Save the Planet (Hamburg),
Professor Wolfgang Fritz Haug, Infobüro Nicaragua, CUBA SI, Rote Hilfe e. V.,
Kolumbien-Gruppe Berlin, ASW (Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt), Gruppe
BASTA Münster, DJ-Crew LUCHA AMADA, Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt, FAU
Berlin, Rotdorn und weitere