Mai 2002 

 

 

Parteien, Wahlen und andere Dummheiten...

 

Frust und Resignation; das sind die Worte, die viele Bürger dieses Landes mit dem Thema „Politik“ in Verbindung bringen.

Hat der mündige Bürger denn wirklich keine Chance mehr, auf die gegebene Politik Einfluß zu nehmen?

Ich selbst muß oft als Student der Politikwissenschaft die Erfahrung machen, daß ich mit der Antwort auf die Frage, was für ein Bereich ich denn studieren würde, zum nächsten Bundeskanzler hochstirilisiert werde oder die Fragenden gleich denken, ich wolle auf Teufel-komm-raus in den nächsten Bundestag.

Das ist Unsinn! Zeigt aber auch das völlige Unverständnis für Politik, das in der momentanen Gesellschaft herrscht! Einerseits könnten politisch-Motivierte jetzt hier anknüpfen und das Argument anführen, daß solche Leute sowieso nur in Ruhe ihre B.Z., BILD oder ihren BERLINER KURIER lesen möchten und aufgrund der einseitigen Boulevardberichterstattung der Springer-Presse zur Politikverdrossenheit neigen und eigentlich gar keine Ahnung haben, doch letztens Endes müssen sich sowohl Politiker als auch andere politisch-Aktive daran erinnern, daß auch gerade jene „Politikverdrossenen“ ihre Stimme zur Wahl abgeben, und sei es nur aus Frust oder Wut über die bestehende Politik der Bundesregierung, was dann meistens die Ungültigkeit der Stimme oder das Wählen einer rechten (populistischen) Partei zur Folge hat.

Zu fragen wäre hierbei, ob wir – d.h. der normale Bürger - in der Lage ist, „wirkliche“ Demokratie zu leben. Schließlich steht sogar im Grundgesetz für die Bundesrepublik in Artikel 20, daß alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht! Wir haben die Chance, alle vier Jahre unser Kreuz bei einer Partei zu machen, was zum Demokratiebegriff dazugehört, doch spiegelt der Gang zur Wahlurne nicht unbedingt das wider, was man unter Demokratie verstehen soll. „Demokratie“ kommt aus dem Griechischen (demos=Volk, kratein=herrschen) und heißt „Volksherrschaft“. Doch wo herrscht schon in Deutschland das Volk über sich selbst? In freien, gleichen und geheimen Wahlen?

Und was ist die Konsequenz dessen? Es hat den Anschein, daß Politik heutzutage von einer kleinen Elite betrieben wird, die sich in den verschiedensten Parteiprogrammen wiederfindet und sich im Auftrag der „heiligen drei Buchstaben“ einer Partei berufen fühlt, losgelöst vom Wähler, sein eigenes Ding durchzuziehen! Damit entsteht das am Anfang schon beschriebene völlige Unverständnis für das Verhalten einiger Politiker (siehe Beispiel Spendenskandal bei CDU und nun bei der Kölner SPD) seitens des Volkes, was nicht guterletzt in dem Vorurteil mündet: „daß die da oben sowieso tun und lassen, was sie wollen“ und sich durch Wahlen „nüscht ändern wird!“ Der Hintergrund:

Das deutsche Parlament verharrt in einer zu großen Distanz zum Staatsvolk, das es vertreten und dessen Probleme, Sorgen und Nöte es offen zum Ausdruck bringen soll. Es entsteht der Eindruck, daß Politik nicht mehr für das Volk, sondern für sich selbst und die hinter ihnen stehenden Gruppen gemacht wird. Es fehlt den Bürgern das Gefühl, durch die repräsentativen Organe am demokratischen Regierungsprozeß mittelbar beteiligt zu sein!

Zwar können wir uns immer in parteiinternen (und natürlich auch nicht-parteizugehörigen) Organsiationen engagieren, doch zu fragen wäre nach dem Erfolg dieses Engagements.

Innerhalb einer Partei rennt man spätestens dann gegen eine Mauer, wenn man mit seinen Ideen, Idealen und Vorstellungen nicht mehr ernst genommen wird bzw. nur noch an Dickköpfe stößt, die sich ihrer eigenen Karriere bereichern wollen und mit ihrem pragmatischen karrieristischen Politikstil schon regelrechte Brechreize erzeugen!

In nicht parteiinternen Organisationen (sogenannten NGOs) muß man sich fragen, was außerparlamentarische Arbeit für einen Erfolg erzwingen kann, ohne gleich mit der „Autorität der staatlichen Exekutive“ in Kontakt zu kommen.

Als Beispiele seien hier die Atomkraftgegner genannt, die bei den letzten Jahren die „ach so humane grüne Politik“ eines Herrn Trittin zu spüren bekamen, die Demonstrationen gegen die NPD-Aufmärsche in Berlin, die beim letzten Mal am 1.Dezember 2001 das brutale Vorgehen der Polizisten auf antifaschistisch-denkende Menschen dekuvriert haben, sowie die Demonstrationen gegen den Krieg der USA in Afghanistan, die sowohl George W. Bush nicht von den sinnlosen Bombardements, unserem Bundeskanzler nicht von der erpresserischen Vertrauensfrage der rot-grünen Koalition als auch Otto Schily nicht von seiner reaktionären Idee einer „totalen Überwachung der deutschen Bürger“ abbringen konnten! Als letztes Beispiel aber möchte ich auch die Globalisierungsgegner von Seattle, Prag, Genua und München (siehe Seit 6) anführen, unter denen gar schon ein Toter seitens der Demonstranten zu beklagen war.

Dabei haben die Demonstranten gegen die zunehmende Globalisierung eines dekuvriert;

es geht mittlerweile den einzelnen Staaten nicht mehr um das Wohlbefinden ihrer Völker, sondern nur noch um Marktinteressen und Profit der Wirtschaft. Jeder weiß, daß Politik in den kapitalistisch-privatwirtschaftlich ausgeprägten Industriestaaten keineswegs mehr allein von den gewählten Vertretern des Volkes gemacht wird, sondern im hohen Maße abhängig ist von den Kapitalverwertungsinteressen und den wirtschaftlichen Entscheidungen der privaten Unternehmerschaft. Sehr viele politische Entscheidungen scheitern am Einspruch der einzelnen Industriezweige. Sie argumentieren meist mit ihrer Wettbewerbsfähigkeit (Stichwort: Standort) oder der Gefährdung von Arbeitsplätzen, sodaß Parteien die Einsprüche der Wirtschaft achten ohne Rücksichtnahme auf die schleichende ökologische Katastrophe.

Hier wird die demokratische Funktionsfähigkeit einzelner Regierungen und Parteien in sehr graviender Weise begrenzt, was uns zu dem Schluß bringt, daß der Kapitalismus und mit ihm die Marktwirtschaft ein System ist, das die demokratische und ökologische Struktur grundlegend in Frage stellt

Wenn die Staaten nicht mehr in der Lage sind, in einer Demokratie ihre Funktion als Volksvertreter wahrzunehmen, verlagert sich die Demokratie „nach außen“, außerhalb des Parlamentes, wird von den  Globalisierungsgegnern in die Tat umgesetzt, die stetig wachsen und vor denen so manche Regierung aufgrund ihrer Überzahl angst und bange wird.

 

D.h. Hopfen und Malz sind noch nicht verloren (noch lange nicht, Prost!), und man sollte nicht resignieren, sondern muß sich weiterhin versuchen einzubringen, ansonsten geht jegliche Motivation verloren und die Distanz zur herrschenden Politik in einem fürchterlichen Dilemma namens Edmund Stoiber und seiner rechtskonservativen CDU/CSU enden wird!

 

Wir sind alle gefragt zu handeln, denn wenn die Kommunikation zwischen Regierung und Bürgern seitens der Politiker vernachlässigt, der Deutsche Bundestag folglich sich „Volksvertretung“ schimpft, in dem sich das Volk aber selbst nicht mehr recht wiedererkennt (da der Reichstag von sich aus nicht mehr die Anstrengung unternimmt, den Weg zum Volk zu finden) und gerade die Berliner mit der PDS im Senat und ihrer beinahe schon sozialdemokratischen Politik vielleicht gar nicht mehr wissen, was man wählen soll, muß der Bürger Politik machen, d.h. sich die eigentliche Politik „nach außen“ verlagern, außerhalb der Parlaments und der damit einhergehenden Ministerialbürokratie!

Am 22.September sind Wahlen und wir dürfen daher sehr gespannt sein, mit welchen tollen Plakaten und Ständen die Parteien wieder auf uns warten werden, in der ewigen Hoffnung, uns unsere Stimme abzuluchsen! 

Ob sie damit siegen oder scheitern werden, hängt wie immer von uns ab!

 

Patrice