Januar 2002

 

Seid umschlungen ihr Kanaken

 

Seltsamer Weise sind nicht alle Menschen in dieser Stadt weiß, konfessionslos und Mittelschicht. Eine geradezu erschütternde Zahl von Normabweichungen, liebevoll Randgruppe genannt, haben sich in dieser Stadt etabliert.

Die Randgruppe: Salz in der Suppe des gesellschaftlichen Alltags. Willkommene Zielscheibe für einfallslose Komiker und erster Programmpunkt bei jeder ordentlichen Nationalpartei. Zum Glück ist der Normalbürger trotzdem in der Lage, ganz menschlich mit Randgruppen umzugehen. Sicher freut sich ein Rollstuhlfahrer über jeden mitleidsvollen Blick, der ihm zugeworfen wird, man wird ja schließlich nicht alle Tage als Opfer behandelt. Schwarze Mitmenschen jubeln, wenn sie zur Abwechslung statt auf Englisch mal mit dem Gestammel a`la "Wo du kommen her?" bedacht werden (denn das Schwarze nicht Deutsch können, wissen wir alle). Und dann gibt es noch DEN Satz für jede Minderheit: "Ich habe kein Problem damit, solange er mich nicht anfasst", (für Schwule). "Ich esse eigentlich auch kaum Fleisch", bzw. "Pflanzen sind doch auch Lebewesen", (Vegetarier). "Ich finde es toll, das du so unabhängig bist" (für Behinderte).

Was will Mensch mehr, als sofort auf ein persönliches Merkmal angesprochen zu werden (gekoppelt mit der Bemerkung, dass Mensch damit überhaupt kein Problem habe), möglichst noch von jemanden, der einem selbst gar nicht bekannt ist. So haben andere Menschen schließlich auch mal die Möglichkeit ihre Toleranz  der Öffentlichkeit  (und sich selbst) vorzuführen.

Warum musste Klaus Wowereit verkünden, dass er Schwul ist? Tut das irgendwas zur Sache, was einen Politiker attraktiv macht? Unterscheidet sich seine Politik so sehr von der heterosexueller Politiker? Musste sich der Oberste der SPD äußern, damit seine Genossen bereitgestellten Kameras eiligst versichern konnten, wie natürlich sie das fänden (Rest siehe oben)?

Lässt das nicht auf etwas schließen, wenn sich alle ständig versichern, wie tolerant sie seien? Dass diese Toleranz vielleicht gar nicht bemerkbar ist, wenn man sie nicht immer wieder betont? Aber nein, dass ist ja abwegig bis kulturpessimistisch.

Welches europäische Volk kann schon von sich behaupten, die Hakennasen, Kloppis, Spaghettifresser, Arschficker, Dachpappen, Polaken, Assis und Junkies so gut in seinen Alltag und seine Leitkultur integriert zu haben, wie wir? -  Eben!

Jedem Kanaken zwei Deutschkurse, jeder/ jedem Perversen die Heirat auf irgendeinem Ordnungsamt und den Sozialschmarotzern eine gut bezahlte Arbeit.

Dass haben sich unsere Eliten auf die Fahnen geschrieben:

Die absolute Deutschwerdung aller Randgruppen

 

Arne