August 2001

 

Wut und Trauer

 

Im Juli wurde ein Mitglied der Rotdornredaktion von einem Nazi brutal krankenhausreif geschlagen. Als er auf dem Weg vom Redaktionstreffen nach Hause ein Naziplakat entdeckte, das zum Rudolf Hess Gedenkmarsch aufrief, riss er es selbstverständlich ab. Ein Faschist, der ihn offenbar dabei beobachtete, schlug ihn ohne Vorwarnung nieder. Da unser Genosse nicht gerade ein Muskelpaket ist, unterließ er es, sich zu wehren. Trotzdem hörte der Nazi nicht auf, auf ihn einzuschlagen, selbst als er am Boden lag. Dabei schrie der Faschist: “Du willst wohl das Plakat abreißen?”.

Schon bei dem ersten Schlag flog unserem Genossen die Brille weg, so dass er den Täter nicht weiter identifizieren konnte, als dass er eine Glatze hat. Dies reicht natürlich zur Stellung des Täters nicht aus, da dieser Meister-Propper-Look sich ja allgemeiner Beliebtheit erfreut.

Als der Faschist endlich von ihm abgelassen hatte, klingelte unser Genosse bei einem naheliegenden Haus. Er berichtete, dass er gerade zusammengeschlagen worden sei und fragte unter Schock nach einer Taschenlampe, um seine Brille zu suchen. Der Bürger antwortete ihm, er könne dem blutüberströmten Opfer nicht helfen und schloss das Fenster wieder. Er holte noch nicht einmal einen Krankenwagen. Mach dich auf eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung gefasst, du verdammter Unmensch!

Schließlich wurde unser Genosse von seinem Bruder ins Krankenhaus gebracht. Da er so schlimm aussah, behielt das Krankenhaus ihn drei Tage da, um ihn auf bleibende Schäden durchzuchecken. Besonders um seine Augen hatten die Ärzte Angst, die er tagelang nicht öffnen konnte. Als wir ihn zwei Tage später besuchten, sah unser Genosse immer noch so schlimm aus, das es im Herz wehtat, ihn anzusehen. Dabei hatte sich sein Zustand schon rapide gebessert. Gott sei Dank wird er keine bleibenden Schäden behalten.

Leider ist ein solcher Vorfall kein Einzelfall. Ständig hört und liest man von faschistischen Überfällen auf wehrlose Opfer. Wenn sich so was im unmittelbaren Umfeld ereignet, geht es natürlich besonders nahe. Wut und Trauer beschleicht einen und man bekommt Lust, so einem Schwein mal zu zeigen wie es ist, zusammengeschlagen zu werden.

Auf jeden Fall hat der Faschist sein Ziel nicht erreicht, unseren Genossen einzuschüchtern. Er würde jederzeit wieder gegen Fascho-Propaganda auftreten, aber natürlich sich besser umschauen. Oder ganz anders: Als unser Genosse wieder die Plakate für den Nazi-Aufmarsch entdeckte, verständigte er die Polizei. Schließlich war dieser Scheiß auch noch verfassungsfeindlich. Tatsächlich machten sich die Beamten daran, die Nazipropaganda von den Wänden zu fummeln.

 

sk