August 2001
Leserbrief:
Der ewige Mut und die neue Hoffnung
Ich
war im Juli zum Klimagipfel demonstrieren und am selben Tag gab es viel Protest
zur Globalisierung in Genua. Ich habe im März versucht, den Castor Transport
aufzuhalten und so wie dort erlebe ich auch in Pankow viele junge Menschen, die
der Konsumgesellschaft kritisch gegenüber stehen. Es wird erzählt, dass die
Einheit zwischen Umweltschützern, Anarchisten, Sozialisten und einigen
Gewerkschaftern sehr nahe ist und mit der grünen Fahne stand ich im
Demonstrationszug beim Weltbankgipfel vor einem Jahr in Prag und hörte die
Menschen laut auf englisch rufen: „Die Einheit ist zurück!“ Freudentränen
wischte ich mir ab und ich erinnerte mich an Gebirgslandschaften mit klaren
Bächen und stolzen Tannen. „Könnt ihr mich von hier fühlen? Könnt ihr mich
merken? ...“ so flüsterte ich von Prag aus diesen Landschaften zu.
Zu
meinem alten Mut ist wieder neue Hoffnung gekommen. Neue Hoffnung, weil ich
wieder Menschen sehe, die dafür eintreten, dass sich die Wirtschaft nicht
weiter auf Kosten von Mensch und Natur ausbreitet.
„Revolution“
oder „Sozialismus“ interessieren mich nur wenig. Es steht ein viel größerer
Umbruch bevor. Es wir das größte und schmerzhafteste Ereignis, was wir Menschen
jemals erleben werden. Somit nutzt mir alle Liebe zur Natur nichts, wenn da
nicht noch mein Glaube an vergessene Mächte und Geheimnisse wäre. Die
Wissenschaften konnten die Welt nie entzaubern, denn mit jeder
Neuentdeckung entstanden immer wieder unendlich viele neue Rätsel. „Wunder der
Natur“ nannte sie ihre Rätsel und ohne satt zu werden, forschen sie endlos
weiter. Ich aber glaube schon vorher an alles und wundere mich über gar nichts
mehr. Die Natur sehe ich als eine vergessene Herrschaft, der ich dienen will um
selbst Teil dieser Herrschaft zu sein.
Auch
wenn viele das anders sehen, die gemeinsamen Aktionen und Proteste für den
„Umweltschutz“ sind ein Anfang. Der Umgang mit uns selbst in diesen Gruppen ist
wichtig damit ein Zusammenhalt entsteht. Es macht mir Mut, mit ähnlich
gesinnten Mensche zu handeln. In den Tagen der niedersächsischen Castor
Transporte lag ich abends im Schlafsack, hörte einige Jugendliche, die Gitarre
spielten und von dunklen Kiefernwäldern sangen. Sie sangen das „Gorlebenlied“.
Da war wieder mein ersehntes Gruppengefühl. Ihre Stimmen umarmten mich und ich
schlief ein in tiefster Gebogenheit.
Ralf
Im
tiefen Tal erinnern tu’ ich mich,
im
Wald auf einem Stein.
Daneben
ein Stück Moos,
sitz
ich dort oft im roten Abendschein,
unter
mir der altbekannte Bach
hörst
Du erneut mein leises Lied
und
ich habe dich bestimm wie damals lieb ...
Schützend
steht die Felswand hinter mir
und
gibt des Baches Rauschen stärkend Wiederhall.
In
altvertrauter Waldesluft sing ich das frühe Lied,
bitte
Dich damit um alte Macht,
die
mich durch die modernen Zeit verlassen hat.
Vielleicht
hab ich hier leis’ schon mal gesungen,
als
ich einst war eine andere Menschenart,
eins
von den Gestalten, die hier lebten, rau und hart,
und
mit jedem stärkenden Gefühl mit aller Liebe,
die
damals war erreichbar und auch echt.
Ich
hatte viel mehr Kraft, die mich mit anderer verband,
greifen
konnte ich nach Dir und am Bachgeplätscher
hielt
ich eine liebe Menschenhand.
Wir
freuten uns bei mancher Mondesnacht,
tranken
von dem kühlen Nass und altes Singen
drang
tief durch deinen dunkle Bergesmacht.
Wir
waren Teil der Gesetze, die unsterblich sind,
und
Teil Deiner Herrschaft, die vergessen ist.
Und jetzt hunderte von
Generationen später
sind wir uns wieder nah.
Nochmal
bekam ich von ich von alter Kraft,
die
mich mit anderer verband,
erneut
dringt zu Dir mein leises Lied
und
wieder hielt mich eine liebe Menschenhand
und
ich küsse dein Stück Moos,
ich
trink, wie einst, Dein kühles Nass,
ich
halt mich sanft an Dein Gestein,
und
bittend tropft mein Kummer in dein Bach.
Ralf