August 2001

 

 

Che - Popikone oder politisches Leitbild

 

Die Diskussion um Ernesto Guevara, genannt Che, ist so alt wie die ehemals Neue Linke. Für die einen ist er das Symbol des Widerstands, andere sehen in ihm einen Terroristen und andere wiederum versuchen mit dem Image Che Geld zu verdienen. Auch unsere Redaktion bleibt davon nicht verschont. Ein Mitglied der Redaktion, das uns leider zum Studieren nach München verlässt, befürchtet der Che im Cover und auf der Selbstdarstellung auf Seite 4 könnte uns in Euren Augen in die linksextremistische Ecke rücken und könnte viele Jugendliche von der Lektüre des Rotdorn abhalten. Die Mehrheit war da anderer Meinung.

 

Aber was ist Che? In allen Medien haben verschiedenste Journalisten das Phänomen, den Mythos, den Politiker, den Revolutionär und das Bild der Menschen von ihm in aller Welt versucht, zu beschreiben und doch findet man kaum zwei Leute die mit dem Namen das gleiche verbinden. Bis heute sieht man auf Demonstrationen der „Linken“ die roten Fahnen mit  der Revolutionsparole „HASTA LA VICTORIA SIMPRE“ und dem Bild des „Jesus Christus mit der Knarre“, wie ihn Wolf Biermann einst besang. Doch das selbe Bild erblickt man auf der Werbefläche eines bayrischen Mietwagen-Anbieters, also eines kapitalistischen Multis, der diese Art der Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit unheimlich hipp findet. Mit der selben Absicht oder auch nur um Alt-68’er zum Kauf  einer Skiausrüstung für ihren Nachwuchs zu animieren wirbt die Werbeindustrie genauso wie der kubanische Tourismus mit dem Feindbild der kapitalistischen Welt des Kalten Krieges. Geld mit der Legende zu verdienen, hat die „Linke“ begonnen. Als erstes entdeckte der Millionen schwere italienische Verleger Giangiacomo Feltrinelli, der das berühmte Foto des Comandante Che Guevara exklusiv für die Revolution vermarktete(unter anderem investierte er die Gelder in ein explosives Mitbringsel für  Rudi Dutschke zum Vietnam-Congress 1968) , das Sexepeal des toten Revolutionärs. Später dann war der gebürtige Argentinier auf jedem linken Printmedium in Europa und auch auf unzähligen Plattencovern zu sehen. Es soll sogar amerikanische Fans einer eher kritischen Rockband geben, die glauben auf dem Cover und den T-Shirts der Band sei ein Bandmitglied abgebildet.

 

Spätestens an der Stelle zeigt sich das Problem für eine unabhängige, linke Jugendzeitschrift. Wenn nämlich der Rote Stern von einer orientierungslosen Jugendkultur auf jedem Rave zur schau gestellt wird und der Kommerz es geschafft hat, die Gedanken hinter dem Gesicht verschwinden zu lassen.

 

Deswegen wollen wir Euch mit diesem Artikel dazu aufrufen, uns Eure Gedanken und Reaktionen zu diesem Thema mitzuteilen. Schreibt mailt und faxt uns Eure Ansichten, Überlegungen und Gefühle. Wir werden vielleicht einige Eurer Beiträge in den nächsten Ausgaben des Rotdorn abdrucken oder für den Fall, dass ihr das wollt, weitere Artikel über die Symbole und Persönlichkeiten der Linken veröffentlichen. Wir warten auf Eure Meinung und hoffen auf viele Einsendungen

 

Rot Front!

 

 

Victor Marx