Januar 2001

 

 

Bleib ein Outlaw!

 

Seit circa zehn Jahren, wird immer wieder vom "Ankommen in der Gesellschaft" gesprochen. Zuerst hieß es, die Grünen seien endlich in der Gesellschaft angekommen und dann gab es die Diskussion, wann auch die PDS endlich in der Gesellschaft ankäme. Was heißt denn das überhaupt "Ankommen in der Gesellschaft"? Heißt es demokratisch zu sein? Nein, auf keinen Fall! Die Grünen waren in ihren Anfangsjahren die demokratischste Partei der alten BRD. Damals waren sie noch nicht in dieser Gesellschaft angekommen. Es sieht eher so aus, als hieße "Ankommen in der Gesellschaft" koalitionsfähig mit den Altparteien (CDU, FDP und SPD) zu werden? Vielleicht liegt hier des Pudels Kern? Ich glaube nicht. Eher könnte es so sein, daß es heißt die gesamte Gesellschaft in ihrer heutigen Form trotz aller Mängel zu idealisieren. Gut, einzelne Kritikpunkte mögen erlaubt sein, wir müssen ja zeigen wie demokratisch und fortschrittlich wir doch sind. Aber das gesamte System der Herrschaft des Kapitals darf auf keinen Fall in Frage gestellt werden. Auch langfristig darf eine grundlegende Systemänderung nicht angestrebt werden. In seinen Grundfesten muß der Kapitalismus bis zum Sankt Nimmerleinstag fest geschrieben werden, will man in dieser Gesellschaft ankommen.

Warum soll ich denn hier ankommen? Soll ich so werden, wie Joschka Fischer und meine Ideale verraten nur um in Machtpositionen zu kommen. So möchte ich  nicht in der Gesellschaft ankommen! Lange Zeit kämpfte ich für die SPD und nun weiß ich, daß es besser gewesen wäre, in die Partei zu wirken um so schlimme Auswüchse wie unseren Herrn Bundeskanzler zu verhindern. Der Boss der Bosse ist schließlich weder sozial noch demokratisch. Wie kann eine Partei, die sich sozialdemokratisch nennt, eine so bevölkerungsfeindliche Politik machen? Es werden praktisch alle Forderungen der Industrie erfüllt, während die Gewerkschaften immer weiter in die Defensive gedrängt werden. Die Grünen tun heute genau das Gegenteil von dem was sie einst forderten und was sie stark machte. Sie haben für dreißig Jahre den Atomausstieg verhindert. Jetzt kommt der Atomausstieg wahrscheinlich eher durch die Industrie. Denn einige  Atomkraftwerke (z.B.: Stade) sollen schon bald wegen Unwirtschaftlichkeit abgeschaltet werden. Der erste Krieg nach mehr als fünfzig Jahren wurde auch nur durch die Hilfe der ehemaligen Pazifisten möglich. Genau aus solchen Gründen werden die Grünen von großen Teilen der Presse gelobt, endlich in der Gesellschaft angekommen zu sein.

Selbst die PDS geht mir inzwischen zu sehr auf Kuschelkurs mit der SPD. Und mit der SPD kenne ich mich aus: Sie ist schon lange nicht mehr sozialdemokratisch. Und in den letzten beiden Jahren wurde sie endgültig zu einer Wirtschaftspartei. So muß die PDS wenigstens hinterfragen, mit wem sie da zusammenarbeiten will. Auf keinen Fall darf zu viel akzeptiert werden. Wir brauchen einfach eine Alternative zu den etablierten Parteien. Es darf nicht der Ansatz zum Sozialabbau umgesetzt werden.

Und natürlich haben inzwischen die Parteien auch nicht mehr die Macht in unserem Land. Auf der ganzen Welt herrscht das Geld. Es ist heutzutage wichtiger was Alan Greenspan meint, als was die Vollversammlung der UNO beschließt. Die Macht der Konzerne ist einfach viel zu riesig. Wenn sie dann doch mal ein kleines Almosen geben, fühlen sie sich schon sonst wie toll und jammern auch noch, wie teuer das sei. Obwohl die Deutsche Bank allein die Entschädigung für die Zwangsarbeiter zahlen könnte, schaffen es alle deutschen Kapitalisten nicht, ihre fünf Milliarden zusammen zu bekommen. Dabei ist das noch nicht mal „Peanuts“. Durch den Pleitegeier bei Schneider verlor allein die Deutsche Bank mehr Geld, als die Gesamte deutsche Wirtschaft für die Zwangsarbeiter zahlen soll.

„...open your eyes, time to wake up enough is enough is enough...“ sangen die englischen Anarchisten von Chumbawamba. Und sie haben Recht, denn es ist inzwischen wirklich genug! Der „staatliche Antifaschismus“ ist so verlogen! Offiziell wird zwar etwas gegen die Nazis unternommen. Aber was bringt ein Verbot der NPD, wenn die CDU und die SPD eine rassistische Politik betreiben? Der Wahlkampf der hessischen CDU war ja nur die Spitze des Eisbergs. Mit dem sogenannten „Asylkompromiß“ war es ja wirklich schon schlimm genug. Aber es sollte noch schlimmer kommen: Flüchtlinge werden praktisch in alle Länder abgeschoben, auch wenn sie dort von Mord und Folter bedroht werden. Ausländer, die in Deutschland ermordet werden, werden oft zu Tätern erklärt. Jetzt fordert sogar die Wirtschaft mehr Ausländer in Deutschland, aber im Zuge der „Green Card“ Kampagne werden sie nur als billige Arbeitskräfte benötigt. Es wird von „nützlichen und nutzlosen (oder gar schädlichen) Ausländern gesprochen. Was ist denn da noch mit dem Grundgesetz. Steht da nicht in Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“?