September 2000

 

 

Tu wat!

 

In Düsseldorf verletzt eine Bombe 10 Menschen schwer, die Tat ist offensichtlich dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen. In Dessau wird ein ausländischer Mitbürger zu Tode geprügelt und in Ludwigshafen wird ein Flüchtlingsheim angegriffen. Die wahre Liste würde jeden Artikel sprengen. Wieviel täglich passiert, weiß schon kein Mensch mehr, lediglich bei Mordtaten durch Faschisten bringen die Medien eventuell eine kleine Notiz, worauf die Menschheit aufhorcht, um übermorgen alles wieder vergessen zu haben. Die Bilanz vom Jahr 1999 verzeichnete 2031 rechtsextreme Straftaten, darunter 3 Morde. Nicht zu verleugnen ist es, daß die neofaschistische Szene immer militanter vorgeht.Bei Durchsuchungen der  “Skinheads Sächsische Schweiz” im Juni fand die Polizei zahlreiche Waffen sowie Propagandamaterial und Tonträger. Bei 51 Personen liegt nun ein Verfahren nach §129-“Bildung einer kriminellen Vereinigung” vor.Eine Gruppierung “National-Revolutionäre Zellen” hat im letzten Jahr terroristische Aktionen angekündigt.

 

Im Frühling wurden bei Rechtsextremisten in Berlin u.a. eine Rohrbombe sowie ein Gewehr mit Zielfernrohr und Schalldämpfer sichergestellt. Ein linker Treffpunkt im Prenzlauer Berg entging nur knapp einem Brandanschlag. Diese Entwicklung stellt jeden Menschen vor Entscheidungen. Viele wird es einfach nicht interessieren, andere werden sich erst recht nicht einmischen wollen, da sie Gefahr laufen könnten, eines schönen Tages selbst Opfer zu werden – glaubt mir, diese Möglichkeit ist auch so jederzeit gegeben.

Doch wer soll antirassistische und antifaschistische Arbeit machen, wenn nicht wir? Auch wenn die Medien nach Düsseldorf die Thematik “Rechtsextremismus” stärker aufgegriffen haben und der Bundestag eine Debatte darüber angekündigt hat, ist es glatter Unsinn zu glauben, der Staat könne Rechtsextremismus unterbinden, denn schließlich kann Rechtsextremismus in unserer Gesellschaftsform bestens überleben. Der Staat wäre niemals in der Lage, neofaschistische Aktivitäten zu verhindern, selbst wenn er es wollte. Das dies nicht der Fall ist, beweist allein die Tatsache, daß der Etat für die Spionage in linken Kreisen durch den Verfassungsschutz bedeutend höher ist, als die Ausgaben im rechtsextremen Spektrum. Dies geschieht entgegen ihrer eigenen Aussage, daß der Rechtsextremismus viel weiter verbreitet ist als der Linksradikalismus. Es ist notwendig, in den einzelnen Regionen und Bezirken antifaschistische Strukturen zu schaffen und zu stärken. Da sieht es in Pankow im Gegensatz zu anderen Berliner Bezirken ziemlich mager aus, da eine antifaschistische Struktur, wenn Mensch einmal vom BdA (Bund der AntifaschistInnen) und der PDS absieht, in dem Sinne nicht existiert, obwohl sie gerade dort sehr notwendig wäre. Neben der Rep- Bundeszentrale, die sich in der Berlinerstraße 127 vor eineinhalb Jahren breitgemacht hat, gibt es im Berliner Norden zwei freie Kameradschaft, die “Kameradschaft Germania“ und die “Kameradschaft Pankow”. Außerdem gibt es eine Ortsgruppe des deutschlandweit vertretenen “Kampfbund(es) deutscher Sozialisten”. Des Weiteren existieren die Kreisverbände der NPD, Prenzlauer Berg- Mitte,  sowie Weißensee- Pankow. Nicht zu vergessen ist die seit 1982 existierende Gruppierung “Vandalen- ariogermanische Kampfgemeinschaft”.

Rechtsextreme Strukturen sind somit bei uns fest integriert, die Öffentlichkeit jedoch hält beide Augen und Ohren fest verschlossen. Dies gilt es zu ändern. Die Öffentlichkeit muß neu geweckt und zur Mitarbeit gewonnen werden, so daß eine antifaschistische Grundhaltung deutlich spürbar wird und den Faschisten die Arbeit enorm erschwert. Um eine Struktur aufzubauen, braucht es euch, sie entsteht schließlich nicht aus der Luft.

Also seid nicht so faul und vor allem: Traut euch! Es gibt eine Menge zu tun. Seid wachsam und tut euch mit Leuten, denen ihr vertraut, zusammen. Besucht Veranstaltungen, die sich als antirassistisch und antifaschistisch verstehen, vielleicht ist es so möglich, sich zu finden und mit der Arbeit zu beginnen. 

           

Franka Uelze