September 2000
Einblick
in die Entwicklung von Graffiti!
Graffiti der Antike werden
in vielen Ländern seit 220 Jahren als Kulturgut untersucht und finanziert. So
wurden schon mehrere hundert Millionen verschiedenster Währungen für die Erhaltung
und Analyse dieses Kulturguts ausgegeben. Bei Graffiti der Gegenwart ist dies
nicht so!
Geben wir einen Einblick in
die Graffitivergangenheit, um eine Lösung zu finden. Lassen wir den Urschleim
der Höhlenmalerei weg und beginnen wir wie so oft bei den USA. Zeichen an den
Wänden spielen in den Slums der Großstädte eine Rolle der
Territorialmarkierung. Also eine Art Abgrenzung.
Schon in dem Film West Side
Story , 10 Jahre vor dem Bekanntwerden von TAKI 183, wurden im Hintergrund
Kürzel und Zeichen gezeigt. Mit dem globalen Erfolg des Films ist also auch ein
globales Aufzeigen von Graffiti zu verzeichnen. Es fehlte nur noch die
Erfindung der Spraydose, um die weniger auffälligen Zeichen mit Größe,
Farbbrillianz und Schnelligkeit in markante” eyecatcher” zu verwandeln. Mit
dieser neuen Technologie kommt es zu neuen innovativen Prozessen und neuer
kultureller Ausprägung. JULIO 204 hinterließ bereits 1968 überall in N.Y. seine
Kürzel und mit TAKI 183 begann 1971 die weltweite Verbreitung durch die Medien.
Mit den neuen Spraydosen konnten nun die Signaturen mit multiplizierter
Geschwindigkeit verbreitet werden. Wie die Werbung es vormachte, wurden nun die
Namen zu Marken. Die vorwiegend männlichen writer erkannten dies und es
entstand daraus eine neue Experimentierfreudigkeit. Die Entstehungszeit des
STYLES. Die nun differenzierbaren styles wie z.B. 3D, Piece, Brooklyn – style,
Brooklyn elegant, bubblestyle etc sind oft mit dem Schöpfer verbunden. So z.B.
das erste Masterpiece von SUPERKOOL 1972 (heute nur noch Piece genannt, aber es
gehört zum Standard). Langsam entstehen die ersten Corners, sprich Treffpunkte
der Maler, um zu diskutieren, voneinander zu lernen und Anfänger einzuweisen.
Voraussetzung dafür waren und sind jedoch gute Beziehungen untereinander. Es
entstehen “Ersatzfamilien”, sogenannte CREWS. Sie hatten einen sozialisierenden
Hintergrund.
Im selben Zeitraum mußte
N.Y. schon über eine Million Dollar für Graffitibeseitigung ausgeben. Zudem gab
es erste Ausstellungen in Galerien, die die Zahl der writer weiter erhöhten. Um
dem entgegen zu wirken, entstand eine Polizei Sonderkommission. Nun beginnt in
den 80ern diese Kunstform auch globale Auswirkungen zu zeigen. Europäische
Länder haben ihre eigenen Szenen entwickelt und es gibt einen immer weiter
steigenden Wettbewerbsdruck. Es sind regeln entstanden, die mit fairen und
unfairen Mitteln durchgesetzt werden. Graffiti kann auch als eine GLOBAL ART
bezeichnet werden, denn es beruht immer auf dem selben Prinzip. FAME, der
damals wie heute mit Vorliebe auf sich bewegenden Objekten zu erreichen ist.
Jedoch hält der Staat mit und es wurde immer schwieriger seine Errungenschaften
zu dokumentieren. So entstanden erste Magazine. Erst farblos, dann auf
Hochglanzpapier und in verschiedensten Sprachen. Am bekanntesten dürfte in
Deutschland die “Graffiti Art” Buchreihe sein. Weltweit dürften um 500 Magazine
zu finden sein. Sie finden jetzt den Anschluß im Internet. Inzwischen würden 24
Stunden nicht ausreichen, um alle Seiten zu sehen. Diese Entwicklung durch Sprayer
der 3. und 4. Generation hat ebenfalls neue Berufe ins Leben gerufen, die sich
nun spezifisch mit Zubehör, Techniken etc. Beschäftigen. Aber auch Ausbildungen
und Graffitikurse an Schulen sind vorhanden. Es ist ein neuer Markt entstanden,
der Graffiti immer stärker vorantreibt. Graffiti ist zu einem bedeutsamen
Wirtschaftsfaktor mutiert, der weltweit 80 Milliarden DM umsetzt. Mit dieser
Größe setzt verstärkt die Verfolgungs- und Denunziationsideologie ein. Eine
Ideologie, die es anscheinend jedem erlaubt sein Maul aufzumachen, ohne etwas
darüber zu wissen, geschweige denn einen Überblick zu haben. So kommt es dann
zu öffentlichen Meinungen wie z.B. “Sprayen ist nur Vandalismus und sonst
nichts” oder gar “ Narrenhände beschmieren Tisch und Wände”. Dies alles sind
Vorurteile die an die Ausstellung “entartete Kunst” im 3. Reich erinnern. Zudem
sollte erwähnt werden, das Außenwände
39000 Jahre lang für jeden zugängliche Flächen waren. Das Privateigentum
ist im Gegensatz dazu noch relativ frisch. Graffiti ist nicht nur Kunst,
sondern auch Kultur. Um zur anfänglichen Frage zurückzukehren, liegt es
augenscheinlich daran, dass Graffiti noch nicht alt genug ist. Damit meine ich
nur den Begriff an sich, denn die Kunst der Wändeverschönerung und die damit
verbundene Geschichtenerzählerei ist ja nun mal bewiesener Weise viel Wert.
Also macht so weiter, damit unsere Kunst auch als richtige und wahre Kunst an
Festigkeit im Volksmund gewinnt. BERLIN RULES! Hört auf euch die Köpfe
einzuschlagen.
Dieser Artikel ist ein Beitrag
zu dem jetzt schon seit längerer Zeit bestehenden Graffiti-cover des Rotdorn.
maeks