Auf ihrer letzten Sitzung haben sich die Jusos
Pankow/ Weißensee einstimmig aufgelöst. Wenn dies vielleicht gegen das Statut
verstößt, ist die Auflösung doch praktisch durchgesetzt. Es gibt keine Jusos
Pankow/ Weißensee mehr.
Die Jusos sind für uns keine sozialistische Heimat
mehr. Dies liegt zum einen an ihnen und ihrer Entwicklung selbst und zum
anderen an der Rechtsentwicklung der SPD und dem Scheitern des rot-grünen
Reformprojektes. Als Jusos wollten wir einerseits die Linke in der SPD stärken
(wirklich, es gab sie mal) um den Weg für progressive Reformen freizumachen und
andererseits mit Jugendlichen außerparlamentarisch linke Bewegungen
unterstützen.
Zur SPD: Die einzige greifbare momentane Möglichkeit
um das bestehende kapitalistische System zu verändern war für uns der Sturz der
Kohlregierung und der Beginn einer sozialen und ökologischen Verbesserung durch
eine SPD-Grünen Regierung. Nun haben wir eine solche Regierung. Was wir von ihr
erleben ist aber kein politischer Fortschritt, sondern eine Verschärfung der
kapitalistischen Verhältnisse durch eine sogenannte Modernisierung (schlanker
Staat, Flexibilität, Eigenverantwortung usw.). Innenpolitisch gibt es
Sozialabbau und Kürzungspolitik bei immer schneller steigenden
Unternehmergewinnen, außenpolitisch haben wir Deutschland (wieder einmal) beim
führen eines Angriffskrieges erleben müssen. Als Sozialisten lehnen wir diese
rückwärtsgewandte Politik ab. Leider gibt es innerhalb der SPD keine Opposition
gegen diese Regierungspolitik, die wir als Jusos unterstützen könnten.
Spätestens als Oskar Lafontaine von allen Partei- und Staatsämtern zurücktrat, stellten wir uns die Frage, wer in diesem Land eigentlich regiert. Das Herz schlägt zwar nicht an der Börse, aber offensichtlich werden dort die Entscheidungen gefällt. Zumindest ist nunmehr klar, daß die rot-grüne Koalition kein Gesetz erlassen wird, wenn nicht zuvor die Vertreter der Industrie ihr Einverständnis signalisiert haben. Wenn man der Industrie aber ein Vetorecht bei politischen Entscheidungen gibt, ist linke, fortschrittliche Politik, die sich an Bürgerinteressen orientiert, nicht möglich.
Zu den Jusos: Die Jusos sind Nachwuchspolitiker
3.Klasse geworden. Sie denken wie die Alten und haben dieselben Rituale, aber
mit „VIVA-Outfit“. Von einem sozialistischen
Richtungsverband (auf den man noch Anfang der 90er stolz war) ist nichts übrig
geblieben. Zwar werden teilweise noch progressive Beschlüsse gefaßt (Resolution
zum Kosovo-Krieg, Freiheit für Mumia Abu Jamal) jedoch ist man mittlerweile so
schwach, daß man bei entsprechenden außerparlamentarischen Aktionen, z.B.
Demonstrationen, überhaupt nicht mehr wahrgenommen wird. Jede kleine
trotzkistische Sekte hat eine größere Außenwirkung als die Jusos. Da ist es
auch schon fast egal was man beschließt. Innerhalb der SPD ist der Einfluß noch
geringer. Da in der SPD keine Opposition gegen den Rechtskurs besteht ist man
alleine schon gar nicht in der Lage etwas auszurichten. Aber nicht genug damit,
daß man außerhalb und innerhalb der SPD keinen Einfluß hat, man schreckt auch
immer mehr vor unerfüllbaren Forderungen zurück. Dabei ist momentan jede linke
Forderung bei den gegenwärtigen Kräfteverhätnissen in der SPD und in der
Gesellschaft überhaupt nicht erfüllbar. Ein Beispiel: Als es um die Bildung
eines Berliner Senates ging, war die revolutionäre Forderung der Berliner
Jusos, die CDU solle mit Unterstützung der SPD eine Minderheitsregierung bilden
anstatt die Bildung einer Mitte-Linksregierung von SPD/Grünen/PDS wenigstens
als politische Alternative ins Gespräch zu bringen. Bei diesem Mitläuferkurs
der Jusos ist es eben schwer Jugendliche politisch zu begeistern, es sei denn
es sind Zahnarztkinder oder Jurastudenten die ein Hoch auf die neue Mitte
singen wollen. Wir jedenfalls singen lieber die Internationale.
Keine Angst wir stecken nicht den Kopf in den Sand.
Wir werden weiterhin gemeinsam politisch handeln. So werden wir weiterhin (nach
9 jährigem Erscheinen) den RotDorn in seiner gewohnten Auflage publizieren. Als
unabhängige linke Jugendzeitschrift wollen wir so einen Beitrag für die
sozialistische Bewegung im Berliner Norden leisten. Wir sind uns sicher, daß
dieses Zeitungsprojekt noch attraktiver für viele Jugendliche wird, wenn wir es
nicht mehr als Juso-Zeitschrift herausgeben.