Mai 2002

 

 

 

 

 

Kurt Eisner –

 Kämpferischer Sozialist und Vater des Freistaats Bayern

 

Heute ein Jahrzehnt nach der Niederlage des „realen Sozialismus“ behaupten fast alle führenden Politiker, Wissenschaftler und Journalisten, dass es keine Alternative zur kapitalistischen Gesellschaft gäbe, die nicht zu Terror und wirtschaftlichem Chaos führe. Diese Behauptung ist eine Lüge. Es gibt sehr wohl Alternativen zum Kapitalismus und zum totalitärem Staatssozialismus der SU und der DDR. Einen dieser Ansätze verkörpert der linke Sozialdemokrat Kurt Eisner.

 

Kurt Eisner wurde am 14.05.1867 in Berlin als Sohn eines Berliner Kaufmanns jüdischen Glaubens geboren. Im Laufe der 1890er Jahre entwickelte er sich zum Sozialisten. Er arbeitete ab 1898 bei verschiedenen sozialdemokratischen Zeitungen. Ab 1910 war er bei der Abendpost in München tätig

 

Als der 1. Weltkrieg ausbrach war Eisner, aufgrund für die Bewilligung der Kriegskredite. Ihm stiess aber der plötzliche Chauvinismus und die unbedingte Solidarität der meisten Parteiführer mit der kaiserlichen Regierung ab. Im Laufe des Jahres 1915 entwickelte er sich zum Gegner der Politik der SPD-Führung und baute innerhalb der Münchener SPD einen militanten Anti-Kriegsflügel auf. Nachdem die  Anti-Kriegsopposition aus der SPD ausgeschlossen wurde gründete sie die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD). In München wurde die USPD im Mai 1917 gegründet. Als im Januar  1918 die junge SU zum Frieden von Brest-Litowsk gezwungen wurde brachen im gesamten Reich Massenstreiks auf. In München gelang es Kurt Eisner und seiner kleinen Partei gegen die SPD und den Gewerkschaftsapparat viele Arbeiter der Rüstungsbetriebe zum Streik zu bewegen.  Er wurde am dritten Streiktag verhaftet und wurde erst im Oktober  aus dem Gefängnis entlassen. Als im November der Matrosenaufstand in Kiel ausbrach, arbeitete die USPD in München unter Eisners Führung auf den Sturz der bayerischen Monarchie hin. Am 7. November veranstalteten beide sozialdemokratischen Parteien eine Friedensdemonstration. Der SPD-Führer Erhard Auer hoffte so die Massen von revolutionären Aktionen abzuhalten. Eisner gelang es jedoch  mit einem Teil der Demonstranten zu den Kasernen zu marschieren und die Soldaten auf seine Seite zu bringen. Noch am Abend wurde der Münchener Arbeiter und Soldatenrat gebildet. Der bayerische König musste aus der Stadt fliehen. Eisner rief den Freistaat Bayern aus und bildete eine Regierung der SPD und der USPD, der er als Ministerpräsident vorstand. Kurt Eisners Politik zielte auf eine umfassende Demokratisierung der Gesellschaft die Arbeiter- und Bauernräte sollten die Verwaltung kontrollieren und und die Massen zum Selbständigen Handeln erziehen. Das Parlament sollte zwar die Gesetzebungskompetenz behalten, aber das Volk durch Volksabstimmung das letzte Wort behalten. Diese Konzeption wurde von der SPD und den bürgerlichen Parteien bekämpft.  Im Januar 1919  musste er Landtagswahlen stattfinden lassen, bei der die USPD sehr schlecht abschnitt. Als der Landtag am 21. Februar zusammentrat ging Kurt Eisner dorthin mit der Abschicht als Regierungschef zurückzutreten. Auf dem Weg dorthin wurde er von einem adeligen Reaktionär ermordet. Kurt Eisners Konzeption der Verbindung von Rätedemokratie, parlamentarischer Demokratie und direkter Demokratie ist für mich ein fruchtbringender Ansatz für die Diskussion über den Sozialismus des 21. Jahrhunderts.

 

Michael Rohr

 

 

 

Bücher zum Thema:

 

Sebastian Haffner: Der Verrat; Verlag 1900 (Über die Novemberrevolution)

 

Ralf Höller: Der Anfang der ein Ende war; Aufbau Taschenbuch Verlag ( Die Revolution 1918/19 in Bayern)

 

Kurt Eisner: Zwischen Kapitalismus und Kommunismus; edition suhrkamp ( eine Auswahl seiner Reden und Schriften herausgeben und mit Einführung von Freya Eisner)