Am 9. Oktober 2001 war Matthew Rose, der
amerikanische Autor des Buches „Berlin – Hauptstadt von Filz und Korruption“ zu
Gast im „Roten Laden“ der PDS Reinickendorf. Er begann seinen interessanten
Vortrag mit einem Film, in welchem die früheren Ereignisse der Berliner
Filzlandschaft, die ihren Schatten bis in die Gegenwart werfen, illustriert
wurden.
In
seinem Vortrag ging Matthew Rose besonders auf die Rolle von Klaus Rüdiger
Landowsky im Berliner Baukorruptionssumpf ein, der sich schon bei der
„Anthes“-Affäre 1984 zum erstenmal der Öffentlichkeit offenbarte. „Wolfgang
Anthes war bis 1985 Baustadtrat und Vorsitzender der CDU im Bezirk
Charlottenburg. In seinem Amt als Baustadtrat bot er Investoren und
Bauunternehmern kleine Gefälligkeiten an – gegen Bares, versteht sich
(Verschiebung eines Grundstückes oder Baugenehmigungen). Bereits 1984 wurde ein
Disziplinarverfahren gegen Anthes eingeleitet, weil er 2000 Senatswohnungen zum
Sonderpreis von je 4.000 DM verkaufen wollte“, also so gut wie geschenkt (alle
Zitate aus dem Buch „Berlin – Hauptstadt von Filz und Korruption“).
Erstaunlich, aber auch symptomatisch: Dieses Sonderangebot stand im
Zusammenhang mit einer Parteispende von einer Million Mark, wie der damalige
CDU-Bezirksbürgermeister von Charlottenburg, Lindemann, zugeben musste.
Dieser erteilte seinem Parteifreund Anthes lediglich
einen Verweis, womit das Disziplinarverfahren gegen ihn verhindert wurde. „Das
es überhaupt zu diesem Verweis kam, war keine Selbstverständlichkeit ...
Bezirksbürgermeister Lindemann wurde unter Druck gesetzt, das Verfahren
einzustellen. Dahinter sollen der damalige Senator Kewenig, Finkelnburg und
Klaus Rüdiger Landowsky gestanden haben, erzählte der Rechtsamtsleiter Lothar
Gosten vor dem Untersuchungsausschuss.“
Der selbe Finkelnburg ist heute Präsident des
Berliner Verfassungsgerichtes. Hier können wir sehen, wie sich die verfilzten
Kreise der Berliner Politik von der Bezirksebene bis in die höchsten Kreise der
Berliner CDU- Politik schließen, ein Sachverhalt, den wir bis in die heutige
Situation hinein verfolgen können. In diesem Zusammenhang wies auch der Film
auf die berühmt- berüchtigten Taschenkalender des Berliner Bauunternehmers
Franke hin. Hier fanden sich Eintragungen von Kürzeln wie „12/ 82 25 Diep“, „2/ 83 10 Riebi“ oder „Kitt“. Im Klartext heißt das unter anderem: 1982
hatte Diepgen von Franke 25.000 DM erhalten und 1983 hatte Riebschläger (SPD)
10.000 DM erhalten. Insgesamt hatte Diepgen 75.000 DM, Riebschläger 130.000 DM
erhalten und der Diepgen- Intimus Peter Kittelmann 145.000 DM. Damit hat Franke
die Berliner CDU mit 500.000 DM gesponsert, und dass ohne Spendenquittungen,
denn mit Wissen des damaligen Tiergartener Finanzstadtrates und
CDU-Kreisschatzmeisters Michael Urban wurde diese Bargeldkasse als Schwarze
Kasse bezeichnet und selbstverständlich ohne Kassenbuch geführt. Hier wird
deutlich, dass nicht ohne Grund Kurt Franke in seinen Tiergartener
Baugeschäften erfolgreich war, so dass der Bezirk den Spitznamen „Franke-
Garten“ erhielt. Eine ähnliche Rolle spielten auch die Immobilien-Unternehmer
Grothe & Graalfs, die über ihre guten Beziehungen zur Tiergartener CDU-
BVV- Fraktion das Klingelhöfer-Dreieck in Tiergarten weit unter dem
Immobilien-Verkehrsweg erhielten.
Die Wurzeln zu den heutigen, die Berliner
Finanzsituation äußerst belastenden Ereignissen, reichen also weit zurück. So
ist es also auch kein Wunder, dass der damalige CDU- Abgeordnete Klaus Hermann
Wienhold, der 1995 wegen angeblicher Weitergabe von Parteiinterna an die Presse
mit einem Parteiausschlussverfahren bedacht wurde, erneut in die Schlagzeilen
gerückt ist. Er war es, der mit dem früheren CDU- Bundestagsabgeordneten
Christian Neuling die bewusste AUBIS- Gruppe gegründet hatte, für deren
Plattenbauvorhaben sich nach einer Parteispende kein Anderer als Landowsky mit
einer Kreditbewilligung der Risikogruppe 3, also der höchsten Risikogruppe,
gefällig zeigte.
Nach Betrachtung dieser nur wenigen, aber doch so
folgenschweren Beispiele der Berliner Filz- und Korruptionslandschaft stellte
sich der Runde natürlich die Frage, inwiefern Politik überhaupt in der Lage
ist, sanierend einzugreifen. Auch wenn die anschließende Diskussion nicht zu
einem einheitlichen Ergebnis kam, bleibt zu hoffen, dass eine fortschrittliche
und demokratische Politik zumindest in der Lage sein kann, einen solchen Sumpf,
wenn nicht schon trockenzulegen, so doch transparent werden zu lassen, damit
entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Es ist zu hoffen, dass
sich im „Roten Laden“ auch in Zukunft interessante Veranstaltungen dieser Art
wiederholen.
Margarethe